Erst jucken Nase und Augen, dann kommen noch Niesanfälle und Hustenreiz hinzu und in schlimmen Fällen treten sogar Atemnot und Asthma auf. Bei diesen Symptomen denken viele erst an eine Hausstaubmilbenallergie, da es Betroffenen besser geht, sobald sie sich an die frische Luft begeben. Tierallergene binden sich an Staubpartikel und werden so über die Luft übertragen – sie haften an Haaren und Kleidungsstücken. So gelangen sie auch in Räume, wo sich gar keine Tiere aufhalten. Besonders empfindliche Menschen können allergische Symptome zeigen, ohne dass sich ein Tier mit ihnen in derselben Lokalität befindet. Worauf genau reagieren diese Personen? Der Glaube ist verbreitet, die Haare der Fellnasen seien die Übeltäter. Dies stimmt nur indirekt. Die Allergiker reagieren nicht auf die Haare, sondern auf ein Eiweiss, das als Allergen bei Katzen und Hunden hauptsächlich in Hautschuppen, Speichel, Haaren, Urin und der Tränenflüssigkeit vorkommt. Wenn die Vierbeiner sich lecken, verteilen sich die Allergene auf ihrem Fell und über die Haare dann in der Umgebung.

Über die Luft geraten die feinen Partikel so in die menschlichen Atemwege und Schleimhäute. Und dort sorgen sie bei einigen Menschen für eine Fehlfunktion des Immunsystems. Dieses reagiert auf die spezifischen Eiweisse, als ob sie eine Bedrohung für den Körper darstellen und bekämpft werden müssen. Eine potenzielle Allergie hängt direkt mit der genetischen Veranlagung zusammen. Deutlich mehr Frauen als Männer sind von einer Tierallergie betroffen. «Wir haben keine Zahlen, wie viele Personen tatsächlich an einer Tierallergie leiden, wissen aber genau, wie viele Erwachsene in der Schweiz sensibilisiert sind, also Antikörper gegen Tierallergene in sich selber tragen: 2,8 Prozent sind sensibilisiert auf Hunde und 3,8 Prozent auf Katzen», sagt Bettina Ravazzolo vom aha! Allergiezentrum der Schweiz. Wie jede Allergie könne auch eine Tierallergie in jedem Alter zum ersten Mal auftreten. Doch ein höheres Risiko einer Erkrankung hätten Personen, die bereits an anderen Atemwegsallergien leiden oder eine Veranlagung zu Allergien haben, führt die Expertin weiter aus.

Keine Katze ohne Allergene

Samtpfoten sind die Nummer eins unter den Tieren als Allergieverursacher. Das Eiweiss Fel d 1 löst die Nies- und Hustenattacken aus. Die Katzenallergene sind weit aggressiver als die Hundeallergene, da die allergieauslösenden Eiweisse, die Hunde mit sich tragen, etwas schwerer sind und sich deshalb nicht so gut mit Staub verbinden und sich in der Umgebungsluft verteilen. Die schlechte Nachricht ist, dass keine Katzenrasse existiert, die nicht Allergene produziert. Einige Katzenrassen werden jedoch als hypoallergen, also allergiearm bezeichnet, da sie nur sehr wenig vom Fel-d-1-Protein entwickeln. Bengalkatzen sind nicht nur wegen ihres leopardenähnlichen Felles ein wahrer Hingucker, das allergieauslösende Eiweiss ist bei ihnen kaum vorhanden.

Die Burmakatze hat ein kurzes, enganliegendes Fell mit fast keiner Unterwolle und die Russisch Blau verfügt über ein kurzes Doppelfell, bei dem Deckhaar und Unterwolle gleich lang sind; auch diese beiden Rassen produzieren nur wenig Fel d 1. Aufgrund ihres dichten und langen Felles würde man es nicht vermuten, doch die Sibirische Katze produziert von allen Rassen am wenigsten Allergene. Bei der Devon Rex ist es schon besser nachvollziehbar, dass sie sich für Allergiker eignet, denn sie zeichnet sich durch ein äusserst kurzes Fell aus. Und die Sphynx-Katzen sind vollkommen haarlos. Auf ihrer zarten Haut bildet sich nicht unbedingt weniger des Fel-d-1-Proteins; da das Fell fehlt, kann sich dieses aber kaum verteilen. Diese Katzenrasse wurde jedoch eines wichtigen Schutz- und Kommunikationsmittels beraubt. Ganz ohne Fell und sogar Tasthaare fehlt ihr ein zentrales Organ. Was zwar vorteilhaft für Allergiker ist, bringt für die Katze in diesem Fall Nachteile hinsichtlich des Wohlergehens mit sich.

Spezielle Kreuzungen für Hundeallergiker

Auch bei den Hunden ist die Existenz einer vollkommen allergiefreien Rasse eine Illusion. Dennoch werden Tierallergikern immer wieder bestimmte allergikerfreundliche Hunderassen angepriesen. Besondere Berühmtheit erlangte der Portugiesische Wasserhund Bo, der zur Präsidentenfamilie Obama gehörte. So hatte Barak Obama seinen beiden Töchtern doch die sofortige Anschaffung eines Hundes versprochen, falls er zum Präsidenten gewählt würde. Da eines der zwei Mädchen unter einer Hundeallergie litt, fiel die Wahl auf diese Rasse, die als hypoallergen bezeichnet wird. Neben dem Portugiesischen Wasserhund werden auch andere Hunderassen, die kaum Haare verlieren und nicht in den Fellwechsel gehen wie der Pudel, Bichon Frisé, Schnauzer oder Malteser, für Allergikerinnen und Allergiker empfohlen. Seit den 1990er-Jahren nun werden spezielle Kreuzungen wie der Labradoodle (Mix aus Labrador und Pudel) oder der Goldendoodle (Mix aus Golden Retriever und Pudel) gezüchtet und als optimale Begleiter für Hundeallergiker angepriesen. Gedacht waren diese Kreuzungen ursprünglich für blinde Allergiker, denn der Pudel besitzt keine Unterwolle, wechselt das Fell nicht und haart kaum. Und sowohl Labrador wie auch Golden Retriever sind als besonders menschenfreundlich bekannt.

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Doch auch diese Hunde schütten Allergene aus, die mit Can f 1, Can f 2, Can f 3 sowie Can f 5 bezeichnet werden. Hauptverantwortlich für die allergischen Reaktionen ist in den meisten Fällen das Eiweiss Can f 1. Forscher des Henry-Ford-Hospitals in Detroit (USA) untersuchten in einer Studie 60 Hunderassen auf ihr allergisches Potenzial. Darunter waren die Allergikerkreuzungen, aber auch diverse andere Rassen. Die Ergebnisse sind, aus Sicht der Allergiker zumindest, ernüchternd. So konnte bei den untersuchten Hunderassen, also den angeblich hypoallergenen und den ganz «normalen» Hunderassen, kein signifikanter Unterschied erkannt werden. Die Studie hält fest, dass sich Allergiker nicht darauf verlassen können, bei der Anschaffung etwa eines Labradoodle allergiefrei zu bleiben. Kurzhaarige Hunde scheiden allgemein aber mehr Allergene aus als langhaarige. Ausserdem produzieren Hunde sowie Pferde im Gegensatz zu Katzen mehrere verschiedene Allergene. So kann es sein, dass Betroffene gewisse Rassen besser vertragen, erklärt Bettina Ravazzolo.

Gelockte Pferde

Analog zu den gelockten Golden- oder Labradoodles gibt es auch eine spezielle Pferderasse, die durch ihr lockiges Fell auffällt. Die American Bashkir CurlyHorses (kurz Curly Horses) tragen vor allem im Winter ein aussergewöhnlich gekräuseltes Fell, sogar die Mähne, der Schweif und das Fell in den Ohren wirken, als ob mit Lockenwicklern nachgeholfen wurde.Verantwortlich dafür ist das Curly-Gen. Neben der Fellstruktur unterscheidet sich auch der Geruch der Curlys deutlich von dem der übrigen Pferderassen – er erinnert eher an Lammfell. Erfahrungsberichte von Pferde-allergikern zeigen, dass weniger oder gar keine Symptome im Umgang mit Curly Horses auftreten. Deshalb wurde diese Pferdrasse als hypoallergen erklärt. Einerseits würden die Curly Horses weniger Allergene produzieren und andererseits gelangten diese weniger in die Umgebung, so die Erklärung. Denn die Haut und das Fell dieser amerikanischen Pferde enthalten viel Talg, welcher die Allergene binden kann.

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Die Ruhr-Universität Bochum führte eine Studie durch, um diese These zu überprüfen. Dazu wurden 224 Haarproben von 32 verschiedenen Pferderassen hinsichtlich der Pferdeallergene Equ c 1 und Equ c 4 untersucht, zudem wurden beim Striegeln von 20Curly Horses und 20 Quarter Horses der dabei freigesetzte Staub gesammelt. Die Untersuchungen brachten zu Tage, dass in den Hautschuppen und Haaren der einzelnen Pferde sehr unterschiedliche Konzentrationen von Allergenen auftaten. Ausschlaggebend dafür sind die Rasse, aber auch das Geschlecht. So produzieren Wallache und Stuten deutlich weniger Allergene als Hengste. Überraschend ist, dass bei den Curly Horses im Vergleich zu den anderen Rassen eine deutlich höhere Allergenkonzentration gefunden wurde. Tinker, Isländer oder Shetlandponys hatten einen um ein Vielfaches niedrigeren Wert an Equ-c-1-und Equ-c-4-Proteinen. Die Annahme, dass Curly Horses für Allergiker besonders geeignet sind, hat sich also als irrtümlich erweisen. Es gibt andere Rassen, die einen deutlich geringeren Allergengehalt aufweisen, noch dazu spielt das Geschlecht des Tieres eine grosse Rolle. Die Experten raten Pferdefreunden mit einer Pferdeallergie deshalb dazu, sich nicht auf die Curly Horses zu fixieren, sondern ein individuelles Pferd zu suchen, dessen Allergenproduktion tolerierbar ist.

Symptome behandeln

Sich ein Tier auszusuchen, bei dem die allergischen Reaktionen nicht ganz so schwer ausfallen, ist eine Möglichkeit, um mit der Allergie umzugehen. Etliche Ärzte raten bei einer Tierallergie den Kontakt mit den entsprechenden Vierbeinern zu meiden. Für viele Tierfreunde und Leute, die beruflich mit Katzen, Hunden oder Pferden zu tun haben, ist dies jedoch unvorstellbar. Nachdem mittels eines Haut- oder Bluttests die Allergie bestätigt wurde, stehen als erster Schritt verschiedene Massnahmen an, wie nach dem Streicheln und Füttern die Hände zu waschen und das Schlaf-zimmer zur absoluten Tier-Sperrzone zu machen.Bettina Ravazzolo sagt: «Ausserdem ist es hilfreich, waschbare Überzüge für Polstermöbel zu verwenden, Kleider mit dem Kleiderroller zu reinigen, Teppiche und andere Staubfänger zu entfernen, regelmässig mit einem Gerät mit HEPA-Filter staubzusaugen, Böden oft feucht zu reinigen und einen Luftreiniger einzusetzen.»

Bringt dies keine Linderung, stehen drei therapeutische Möglichkeiten zur Wahl. Antihistaminika oder auch kortisonhaltige Präparate können die Symptome mildern. Falls trotz medikamentöser Behandlung die Symptome fortbestehen, kann eine allergenspezifische Immuntherapie – auch Desensibilisierung genannt – angezeigt sein. Dabei werden der Patientin in einer Art Impfung die Allergene über einen längeren Zeitraum in steigender Dosis zugeführt. Dies funktioniert nicht in jedem Fall, kann aber Linderung bringen. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, sollte das Tier während der Therapie umplatziert werden. Erwähnenswert findet Bettina Ravazzolo noch einen anderen, neuen Ansatz der Universität Zürich: Hier wird eine Impfung für Samtpfoten entwickelt, die ihr Hauptallergen neutralisiert. Auf diese Weise können die Symptome der Betroffenen stark reduziert werden. Der Impfstoff ist momentan in der Test- und Zulassungsphase. Das aha! Allergiezentrum Schweiz rät Allergiebetroffenen zur Vorsicht, da keine Katzen-, Hunde- und Pferderasse als allergenfrei empfohlen werden kann.

Mehr spannende Artikel rund um Tiere und die Natur?Dieser Artikel erschien in der gedruckten Ausgabe Nr 23/2022 vom 17. November 2022. Mit einem Schnupperabo erhalten Sie 6 gedruckte Ausgaben für nur 25 Franken in Ihren Briefkasten geliefert und können gleichzeitig digital auf das ganze E-Paper Archiv seit 2012 zugreifen. In unserer Abo-Übersicht  finden Sie alle Abo-Möglichkeiten in der Übersicht.

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