Sie hat keinen Namen und ist dennoch bekannt wie ein bunter Hund: die weisse Perserkatze des James-Bond-Bösewichts Ernst Stavro Blofeld. In mehreren 007-Kultklassikern mit Sean Connery ist sie der ständige Begleiter des grössenwahnsinnigen Kahlkopfes. Und obwohl das pelzige Tier niemandem etwas getan hat, verkörpert es Unheil. Denn häufig krault Blofeld seine Schmusekatze ausgiebig, bevor er seine Gegenspieler kaltblütig ins Jenseits befördert.

Ebenfalls um eine Perserkatze geht es in «Cats and Dogs». Und auch hier steht der Protagonist Mr. Tinkles auf der zwielichtigen Seite. Zusammen mit seinen folgsamen Artgenossen führt der Kater einen erbitterten Kampf gegen Hunde, um mit einem teuflischen Plan die Weltherrschaft an sich zu reissen. Den Zuschauerinnen und Zuschauern bleibt fast keine andere Wahl, als sämtliche Sympathien zugunsten der Hunde zu verteilen.

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Diabolisch und gruselig

Diabolisch geht es auch in der rabenschwarzen Komödie «The Voices» zu. Im Mittelpunkt des Films steht der schizophrene Jerry Hickfang. Sobald er in seine Halluzinationen verfällt, führt er Gespräche mit seinem Hund Bosco und seinem Kater Mr. Whiskers. Während ihn der Hund wie ein Engelchen zu guten Taten motivieren möchte, übernimmt die Katze den teuflischen Part und versucht, die dunkle, triebhafte Persönlichkeit seines Herrchens zu wecken. Mit Erfolg. Jerry hört auf das garstige Tier und begeht makabre Taten, die einen sprachlos zurücklassen.

Noch gruseliger spielen sich die Ereignisse in Stephen Kings Horror-Meisterwerk «Friedhof der Kuscheltiere» ab. Entscheidend daran beteiligt ist die Familienkatze Church, die von einem Lastwagen überrollt und anschliessend auf einem verfluchten, alten Indianerfriedhof vergraben wird. Das Büsi steht wie prophezeit wieder von den Toten auf, aber nichts an ihm ist, wie es war. Es folgen Szenen, die sich ins Gedächtnis einbrennen und einem Schauer über den Rücken jagen. Für viele Cineasten ist Church deshalb die furchterregendste Katze der Filmgeschichte. Da kann nicht einmal Mrs. Norris, die gehässige Maine-Coon-Katze in den Harry-Potter-Filmen, mithalten.

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In der Welt der Animationsfilme sind Katzen weitaus weniger angsteinflössend. Doch oft schreiben die Produzenten ihnen nicht gerade schmeichelhafte Charaktereigenschaften zu. So steht der Kater Azrael seinem Zaubermeister Gargamel punkto Gemeinheit in nichts nach. Gemeinsam machen die beiden gnadenlos Jagd auf die «Schlümpfe». Überraschend ist das angesichts des Namens der Katze nicht. Denn dieser verheisst nichts Gutes. Schliesslich ist Azrael in der islamischen Tradition der Engel des Todes.

Bei Disney geniessen Katzen oft einen zweifelhaften Ruf.

Derart dramatisch geht es bei Walt Disney zwar nicht zu, doch auch bei dem US-amerikanischen Mediengiganten geniessen Katzen oft einen zweifelhaften Ruf. Allen voran Kater Karlo, der kriminelle Gegenspieler und Erzfeind von Micky Maus, der seit 1925 Entenhausen mit seinen Gaunereien unsicher macht. Zu Kriegszeiten verkörperte der füllige Kater in den Comics sogar einen gefährlichen Nazi-Spion.

Nicht ganz so bösartig sind die Siamkatzen-Geschwister Si und Am in «Susi und Strolch». Doch auch die beiden sind alles andere als Publikumslieblinge, da sie keine Gelegenheit auslassen, den Hundehelden des Zeichentrickfilms das Leben so schwer wie möglich zu machen. Schwieriger ist es, die Grinsekatze aus «Alice im Wunderland» einzuordnen. Ihr breites Grinsen hat aber zumindest auf Kinder eine unheimliche Wirkung, und auch die Bewohner des Wunderlandes haben Angst vor dem seltsamen Tier.

Disney macht Ausnahmen

Disney schiebt Katzen aber nicht grundsätzlich den Schwarzen Peter zu. Die bekannteste Ausnahme sind die «Aristocats». Im Zentrum dieser liebevollen, musikalisch schwungvoll untermalten Geschichte stehen die vornehme Pariser Katzendame Duchesse und ihre drei Kitten. Als Bösewicht agiert dieses Mal ein Mensch: der Butler Edgar, dem die vierbeinigen Lieblinge der ehrwürdigen Madame Adelaide ein Dorn im Auge sind.

Zu den wenigen Katzen-Sympathieträgern gehört auch das in Europa etwas weniger bekannte ausgesetzte Kätzchen Oliver aus dem Zeichentrickfilm«Oliver & Co.». Es behauptet sich in einer Gang von Strassenhunden und hilft tatkräftig mit, einem skrupellosen Verbrecher das Handwerk zu legen. Das Abenteuer aus dem Jahr 1988 ist übrigens bis heute das letzte abendfüllende Disney-Werk, in dem eine Hauskatze in die Hauptrolle schlüpft.

Von der Bildfläche verschwunden sind Stubentiger aber keineswegs. Erst im letzten Jahr feierten «Tom & Jerry» ihr Leinwand-Comeback. Wie in der Vergangenheit muss Kater Tom wieder als Prügelknabe herhalten, während die pfiffige Maus Jerry auf der Gewinnerseite steht. Das trifft auch auf den kleinen gelben Kanarienvogel Tweety von den «Looney Tunes» zu. Er ist seinem Antagonisten, der Katze Sylvester, stets einen Schritt voraus und lässt diesen bei der Jagd noch älter aus-sehen, als die Grossmutter «Granny». Von ihr bekommt der schwarz-weisse Kater mit der roten Nase am Ende meist etwas auf die Pfoten.

Kontroverse Rollen

Nicht immer ist die Rollenverteilung bei Filmkatzen aber eindeutig. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der verfressene, übergewichtige Kater Garfield. Ursprünglich als Comic erschienen, hat er auch schon Auftritte als animiertes Tier in Realfilmen gehabt. Ob der sarkastische Vierbeiner dabei Held oder Antiheld ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Fest steht aber, dass Garfield seit den 1980er-Jahren über eine grosse Fangemeinde verfügt.

Das gilt auch für Catwoman aus den «Batman»-Filmen. Ihr Charakter ist noch schwieriger einzuordnen. Sie begeht regelmässig nächtliche Raubzüge und wird dabei von ihrer zahmen Katze Isis unterstützt. Trotz dieser kriminellen Handlungen ist Catwoman aber nicht grundsätzlich verwegen. Sie kämpft auch an Batmans Seite gegen die Schurken von Gotham City und setzt sich als Katzenlady für den Tierschutz ein.

Warum Katzen in Filmen häufig in die böse Ecke gedrängt werden, hängt vermutlich mit ihrem eigenwilligen Wesen und vor allem mit ihrem Jagdverhalten zusammen. Das Spielen mit der Beute wird aus menschlicher Sicht häufig als grausam bewertet. Für Filmemacher offenbar Grund genug, Katzen als Bösewichte darzustellen.

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