Sicher, es mag Katzenmenschen und Hundemenschen geben, deren Herz nur für das eine oder nur für das andere Tier schlägt. Aber meistens sind doch eher praktische Gründe ausschlaggebend für die Anschaffung eines Hundes oder einer Katze: Der eine braucht vielleicht einen Beschützer, der andere hat keine Zeit, mehrfach am Tag Gassi zu gehen. So mancher Zweibeiner aber, der schon Hund oder Katze hat, würde gerne Zuwachs der anderen Tierart haben, hat aber grosse Bedenken. Schliesslich jagen Hunde Katzen und Katzen hassen Hunde, oder etwa nicht?

Jo und Sammy sind jedenfalls das beste Beispiel dafür. Jo, der mächtige Kater, bisher unumschränkter Alleinherrscher über Mensch und Wohnung, soll nun plötzlich sein Territorium mit dem vier Jahre alten Mischlingsrüden aus dem Tierheim teilen. Für Jo ist es der erste Hund, mit dem er Bekanntschaft macht, und ob Sammy Katzen kennt, weiss man nicht. Das Zusammenleben gestaltet sich schwierig. Jo hat Angst vor dem lauten Gebell und der ungestümen Art des Hundes und dieser sieht in dem Kater einen Konkurrenten um menschliche Zuwendung. Die Besitzer haben es gut gemeint und wollten dem Hund ein neues Zuhause geben, aber der Alltag mit Hund und Katze ist und bleibt schwierig. Ähnliche Erfahrungen haben schon manche Tierbesitzer gemacht.

Vorgeschichte ist wichtig
«Grundsätzlich ist eine Zusammenführung und Vergesellschaftung von beiden Tierarten nicht schwierig», sagt Barbara Fehlbaum, Präsidentin des Berufsverbandes diplomierter Tierpsychologischer Beraterinnen und Berater (Vieta). «Es gilt aber, einige Spielregeln zu beachten, gut geplant vorzugehen und die Geduld zu bewahren.» Wenn zum Beispiel Katzen in ihrer sogenannten Prägephase, die etwa zwischen der zweiten und siebten Lebenswoche liegt, freundlichen Kontakt zu einem Hund hatten, dann stehen sie auch im weiteren Leben einem bellenden Tier aufgeschlossen gegenüber.

Und wachsen Hunde und Katzen zusammen auf, dann können daraus auch lebenslang gute Beziehungen oder sogar Freundschaften entstehen. «Leider fragen viele Menschen nicht gründlich nach, bevor sie Katze und Hund vergesellschaften, oder es ist nichts bekannt über die Vorgeschichte der Katze und des Hundes», bedauert die Tierpsychologin. «Wenn dann einfach zwei Tiere zusammengebracht werden und es passieren beim Aufeinandertreffen auch noch Fehler, dann kann es zu Schwierigkeiten kommen.»

Wie läuft nun aber eine Vergesellschaftung richtig ab? Barbara Fehlbaum rät, «beide Tiere nur gut vorbereitet zueinander zu lassen». Dazu gehört, dass der Mensch ihnen viel Zeit lässt, sich kennenzulernen. So sollen anfangs die Tiere in getrennten Räumen gehalten werden, und der erste Kontakt kann beispielsweise über einen Geruchsaustausch geschehen. «Man kann ein Handtuch im Fell des Hundes abreiben und der Katze zum Beschnuppern geben oder umgekehrt dem Hund das Bettchen der Katze», so der Vorschlag der Expertin. «Treffen dann die beiden aufeinander, muss die Katze genügend sichere Rückzugsorte und Fluchtmöglichkeiten haben, um sich jederzeit aus einer Situation entfernen zu können, die ihr nicht behagt.»

Das Wichtigste aber ist, dass Tierhalter viel Geduld aufbringen. Denn zu Beginn kann es sehr wohl zu beeindruckenden und lautstarken Drohungen kommen. «Solange die Katze nur faucht, der Hund bellt, es aber nicht zu ernsthaften Auseinandersetzungen kommt, rate ich, nicht einzugreifen», sagt die Expertin und weist darauf hin, dass auch auf Bauernhöfen meistens Hunde und Katzen leben und sich miteinander arrangieren.

Die Eigenarten der Tiere beachten
Was sind die grössten Fehler, die Tierbesitzer bei der Vergesellschaftung machen können? «Der Halter sollte nicht, auch nicht unabsichtlich, die Angst eines Tiers noch verstärken, indem er lobt und beschwichtigt», sagt Fehlbaum. Und auch die häufig angewandte Methode, die Katze im Transportkorb dem Hund vor die Nase zu stellen, damit dieser die Mitbewohnerin in Ruhe beschnüffeln kann, hält sie für falsch. «Die Katze ist einer von ihr als bedrohlich empfundenen Lage hilflos ausgeliefert und kann nicht fliehen», erklärt die Tierpsychologin. Besser ist es, für beide gleichzeitig entspannte und positive Situationen zu schaffen, etwa beim Fressen.

Das heisst aber nicht, dass beide Tiere nebeneinander aus ihren Näpfen fressen sollen. «Hunde sind eher Schlinger und meist schneller mit dem Fressen fertig», sagt Fehlbaum. Ein Hund würde dann wahrscheinlich an den Napf der Katze gehen und es käme zu Auseinandersetzungen. Sicher geht, wer die Katze an einem gewohnten erhöhten Ort und den Hund unten füttert, damit es gar nicht erst zu Konflikten kommen kann.

Überhaupt sollten die Tierbesitzer eindeutige Regeln schaffen und diese auch wirklich durchsetzen. Beispielsweise, welcher Platz wem vorbehalten ist. Manche Katzen schlafen mit ihrem Menschen im Bett oder haben ihren Lieblingsplatz auf dem Sofa. Bei Hunden ist das oft weniger erwünscht. Dann soll diese Regel auch konsequent angewendet werden. «Hunde haben auch ein vollkommen anderes Sozialverhalten als Katzen», sagt die Vieta-Präsidentin. «Ein Hund braucht und will eine klare Position im Zusammenleben mit dem Menschen und ebenso klare Ansagen, was er darf und was nicht. Eine Katze tickt da völlig anders, weil sie kein Rudeltier ist.»

Die Signale des anderen
Was ist denn eigentlich mit der oft gehörten These, Hunde und Katzen würden sich deshalb nicht verstehen, weil einer die «Sprache» des anderen unterschiedlich deutet? Etwa das Wedeln mit dem Schwanz, das, je nachdem ob Hund oder Katze, etwas vollkommen Gegenteiliges ausdrückt – Freude beim einen, Verärgerung und Angespanntheit bei der anderen. «Sicher kann es anfangs zu Missverständnissen kommen, aber die Tiere lernen im Laufe des Zusammenlebens schon die Signale des Mitbewohners kennen und verstehen», sagt Barbara Fehlbaum. Das sei unabhängig von Rasse oder der Grösse eines Hundes. Ob Labrador und Siamese oder Golden Retriever und Europäisch-Kurzhaar – auch ein Jagdhund, der neu in die Familie kommt und dort auf die samtpfötige Regentin trifft, kann lernen, Regeln zu beachten.

Oftmals hat im Haus die Katze die bessere Ausgangsposition. Gewitzte Katzen schleichen sich an und können blitzschnell den Hund ärgern, um sich dann gerne in der Höhe wieder in Sicherheit zu bringen. Das sieht draussen anders aus: Wenn dort Hund und Katze aufeinandertreffen, kann es sein, dass die Katze in Panik gerät und zu fliehen versucht. Dies aber setzt bei einem Hund den Jagdtrieb in Gang und er wird hinterhersetzen. Und auch wenn der familiäre Burgfrieden eingehalten wird, heisst das noch lange nicht, dass ein katzenerfahrener Hund ausserhalb seines Zuhauses jede Samtpfote mag oder ignoriert, die seinen Weg kreuzt.