Die Szene rührt zu Tränen. Mehrere Esel versammeln sich um ihren verstorbenen Weggefährten, beschnuppern dessen leblosen Körper und stossen dabei herzzerreissende, weinerliche Laute aus. Offensichtlich nehmen sie von ihrem Artgenossen Abschied. Festgehalten sind diese bewegenden Momente auf einem YouTube-Video.

Viktor Huber, der zusammen mit seiner Frau Hanni das Eselheim Aline führt, weiss aus eigener Erfahrung, wie empfindlich die Vierbeiner auf den Verlust oder die Trennung von einem geliebten Partner reagieren. «Esel erleben Verluste intensiver als Menschen. Das kann zum Abschalten von Organen führen oder zur Bildung von Magengeschwüren. Und sie sind auch in der Lage, Schmerzen zu verstecken.» Ab dem Tag der Trennung werde die Aufnahme von Nahrung und Wasser verweigert. Dann helfen nur noch Magenblocker und viel Zuneigung des Besitzers.

Esel verabschieden sich von ihrem Artgenossen (Video: Stichting de Ezelshoeve):

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Colin Schwarzwald, Leiter der Pferdeklinik Zürich, zählt zu seinen Patienten auch Esel. Er zweifelt weder am sensiblen Wesen der Langohren noch an der engen Bindung, die sie zu Artgenossen ebenso wie zu Menschen eingehen. Diesbezüglich unterscheiden sich Esel stark von vielen Pferden. Das gelte auch für den Umgang mit Schmerzen und für die gesamte Physiologie, die anderes Futter und gelegentlich auch andere Medikamentendosierungen als bei Pferden erfordere.

Vom Verstorbenen Abschied nehmen
Dass Esel Organe «abschalten» können, erscheint dem erfahrenen Tierarzt allerdings nicht plausibel. «Das kann ich mir kaum vorstellen», sagt Schwarzwald. Keine Zweifel bestehen dagegen am ausgeprägten sozialen Wesen von Eseln. Aus diesem Grund dürfen die Tiere auch nicht einzeln gehalten werden. Sie benötigen aus­serdem viel Verständnis von menschlicher Seite, erst recht bei Todesfällen. «Dann sollten Esel unbedingt die Möglichkeit haben, vom Verstorbenen Abschied zu nehmen», sagt Viktor Huber vom Eselheim Aline. Wer sich das entsprechende Video im Internet ansieht, weiss spätestens danach, warum.