Seit Ende September wurden sowohl auf der Nord- als auch auf der Südinsel je 500 Mistkäfer in die Freiheit entlassen. Das war der vorläufige Höhepunkt der «Dung Beetle Release Strategy Group» (DBRSG), der Mistkäferfreisetzungs-Strategiegruppe.

Die Wissenschaftler und Landwirte der DBRSG hatten bereits seit 2008 im Februar 2011 einige Mistkäferarten eingeführt und in speziellen Forschungsanstalten unter kontrollierten Bedingungen auf ihre Mistzersetzungseignung unter neuseeländischen Verhältnissen untersucht und vermehrt. Bevor die Käfer freigesetzt werden konnten, musste die DBRSG eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorlegen. Denn bisher haben die Inselbewohner mit Freisetzungsversuchen nicht nur gute Erfahrungen gemacht.

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Die herzigen Possums sind längst zur Plage geworden.
(Bild: Wollombi / flickr.org / cc-by)

Ein Einwanderer bedroht den Nationalvogel
So wurde zum Beispiel um 1840 herum das Possum aus Australien eingeführt. Dieses kletternde Beuteltier (nicht zu verwechseln mit dem Opossum) sollte den Aufbau einer Pelzindustrie ermöglichen. Doch die Pelzproduktion erwies sich als wenig lukrativ, das Possum büxte aus und verwilderte. In den neuseeländischen Regenwäldern fühlt es sich ausgesprochen wohl, natürliche Feinde fehlen. Schätzungen gehen davon aus, dass sich inzwischen 50 Millionen Possums über die heimische Flora und Fauna hermachen.

Ähnlich sieht es bei den Hermelinen aus. Sie wurden in den 1880er Jahren eingeführt, um die zuvor ebenfalls eingeführten, sich explosiv vermehrenden Kaninchen im Schach zu halten. Doch dann entdeckten die Hermeline, dass kleine bodenbewohnende Vögel wie der Kiwi eine leichtere Beute sind als die flinken Kaninchen. Weshalb inzwischen sowohl Kaninchen als auch Hermeline die Artenvielfalt in Neuseeland bedrohen.

Zurück zu den Mistkäfern. Solche kommen zwar in Neuseeland bereits vor, aber sie sind auf die Umwandlung von Pflanzenresten im Wald spezialisert. Sie kümmern sich nicht um die Exkremente der 6,4 Millionen Milchkühe, 3,7 Millionen Rinder, 31 Millionen Schafe und 1 Millione Hirsche, die auf Neuseelands Weiden grasen. Aktuell sind rund 7 Millionen Hektaren Weideland mit Mist übersät, und es dauert in Neuseeland bis zu sechs Monate, bis sich der Mist zersetzt.

Mehr Gras und saubereres Wasser
Das soll sich ändern. Die Kühe machen nämlich beim Fressen um jeden Fladen einen Bogen. Und je schneller die Fladen verschwinden, desto schneller wächst das Gras nach und desto mehr kann gefressen werden. Eine raschere Zersetzung der Fladen bedeutet also mehr Futter und damit mehr «Money».

Die Umweltschützer hoffen zudem, dass dank der effizienteren Mistzersetzung die Gewässerbelastung verringert wird. Heute leiden viele Flüsse und Seen Neuseelands unter der hohen Nährstofffracht der intensiv genutzten Weiden. Indem die Käfer den Mist in den Boden bringen, sollten sich auch die Erosionsschäden reduzieren, die in manchen Regionen ein grosses Problem darstellen.

Frühere Freisetzungen brachten wenig Erfolg
DBRSG-Projektleiter Andrew Barber ist beinahe euphorisch: «Ich glaube wirklich, dass die Mistkäfer das Potential haben, Neuseelands weidebasierte Landwirtschaft zu revolutionieren.» Ob die grossen Hoffnungen in die kleinen Käfer tatsächlich in Erfüllung gehen, wird sich erst noch weisen müssen. In den Sechzigern wurden bereits einmal Mistkäfer in Neuseeland freigesetzt. Doch der grosse Mistkäfer aus Mexiko (Copris incertus) hat sich bislang kaum vermehrt.

Auch zwei aus Australien eingeschleppte Mistkäferarten setzten sich nicht durch. Laut DBRSG sind sie zu klein und schmächtig, um dem Mist Herr zu werden. Die neu ausgesetzten Arten «Onthophagus taurus» und «Onthophagus binodus» scheinen diesbezüglich vielversprechender. Die erstgenannte Art kommt auch auf Schweizer Alpweiden und in den Südtälern der Schweiz vor.