Die Tage von Armin Bähler sind ausgebucht. Fast täglich, ab und zu auch mehrmals am Tag, führt der 42-jährige Schneckenzüchter, der sich auch als Lebenskünstler bezeichnet, interessierte Besucher durch seine Schneckenfarm am Dorfrand, gleich unterhalb des Elgger Schlosses. In der Gartenwirtschaft sitzen die ersten Gäste, Handwerker, Senioren, Mütter mit ihren Kindern, der Treffpunkt ist beliebt, die Führungen, Events und Apéros finden Anklang.

Von Mai bis Ende Oktober ist Hochbetrieb. Da reicht die Arbeitskraft von ihm und seinen Eltern, die auf dem Hof wohnen, nicht aus, um alle Arbeiten zu bewältigen. Bis zu sieben Personen sind dann auf Abruf einsatzbereit, die meisten im Service, aber auch in der Verarbeitung und auf dem Feld. Im laufenden Jahr will Bähler mit seinem Team eine Tonne Schneckenfleisch absetzen, das sind 200'000 Schnecken.

Die Hälfte davon verkauft er auf seiner Farm als «Schneckenpfännli», angedünstet mit Knoblauch und Zwiebeln und kurz überbacken mit Kräuterbutter. Den Rest verarbeitet und konserviert er für den Verkauf an die Hotellerie und Restauration in der Region und an Private. Zudem hat er eine streichbare Schneckenpaste entwickelt, die sich ebenfalls gut verkauft.

Turbo legt doppelt so viele Eier
Rund um den Bauernhof, der seit jeher seiner Familie gehört, grasen bereits seit den 1960er-Jahren keine Kühe mehr. Das Land ist mehrheitlich verpachtet oder verkauft. Rund eineinhalb Hektaren nutzt Armin Bähler für seine über 300'000 Schnecken. Es gibt zwei Sorten von Weinbergschnecken auf der Elgger Farm: Zum einen die einheimische Weinbergschnecke Helix Pomatia, die nach drei Jahren ausgewachsen ist und ab dann ungefähr 60 Eier legt pro Jahr; zum anderen die aus dem Mittelmeerraum stammende, gefleckte Weinbergschnecke Helix Aspersa, die bereits nach einem Jahr geschlechtsreif und verwertbar ist und bis zu 100 Eier im Jahr legt.

«Dieser Turbo wird natürlich von uns Schneckenzüchtern bevorzugt», erklärt Bähler und erklärt, dass seine Turboschnecken ursprünglich aus dem Elsass kommen, wo er mit einem französischen Schneckenzüchter gut vernetzt sei und sie sich auch regelmässig besuchen und Informationen austauschen.

Tropisches Klima wäre ideal
Ihm hat Armin Bähler auch den Prototyp seiner Indoor-Anlage abgeschaut, wo er seit fast zwei Jahren mit ungefähr 2'000 Turboschnecken Kaviar produziert und im vergangenen Jahr bereits sieben Kilos absetzen konnte. Die Indoor-Anlage in der ehemaligen Garage der Schneckenfarm besteht aus einer Art Tisch mit nach unten hängenden Kunststoffbahnen, die dazu dienen, die Fläche zu vergrössern.

Bähler weiss, wenn er seine Kaviar-Produktion in die Masoalahalle im Zürcher Zoo verlegen könnte, würde das Klima perfekt stimmen. «Feucht und warm, das wünschen sich die Turboschnecken für die Eierablage und wenn ich das richtige Klima schaffe, kann ich die Schnecken dazu animieren, sich ganzjährig zu vermehren», ist er überzeugt.

Weinbergschnecken sind Zwitter. Sie besitzen ein Geschlechtsorgan, das sowohl männlich, als auch weibliche Geschlechtszellen produziert und daher als Zwitterdrüse bezeichnet wird. Nach der Paarung in der Indoor-Anlage legen die Turboschnecken ihre Eier in Plastikbecher ab, die Bähler vorgängig mit loser Erde gefüllt hat.

Regelmässig leert er diese Becher mit den wertvollen Eiern. Wenn er zu spät ist, schlüpfen aus ihnen bereits die Jungschnecken. «Das ist dann natürlich nicht das, was wir wollen, doch zur Aufzucht brauchen wir auch immer wieder Jungschnecken und dann werden sie halt in einem Jahr erst ihre Eier legen», sagt der Fachmann gelassen. Eine einzige Eiablage eines Kriechtieres wiege ungefähr fünf Gramm.

Kilopreis von 2'000 Franken
Die Weiterverarbeitung der kostbaren Schneckeneier sei bis heute Chefsache, erklärt Bähler und schildert, wie er in neu zugemieteten Räumlichkeiten einer ehemaligen Bäckerei im Dorf, mit der Pinzette jedes einzelne Ei reinige, es in ein Salzbad lege und pasteurisiere. Danach werden die Eier in Gläser abgefüllt und schliesslich gekühlt zum Verkauf angeboten. Mit 72 Franken für 30 Gramm (Kilopreis ungefähr 2'000 Franken) hat der Kaviar einen stolzen Preis, doch auch der normale Kaviar vom Stör sei sehr teuer und werde trotzdem in der gehobenen Restauration gerne aufgetischt.

Für Bähler ist der zentrale Punkt die Qualität. «Wenn es uns gelingt, die gleich hohe Qualität zu produzieren, wie wir sie bei den Schnecken haben, dann sind wir auf der sicheren Seite.» Im Moment sei man noch daran, das Produkt weltweit auf den Markt zu bringen.

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Schnecken-Eier werden – wie Kaviar vom Stör – von Feinschmeckern geschätzt. Bild: Ruth Bossert/LID

Auch wenn er dazu noch nicht allzu viel erzählen will: Seine Augen leuchten, wenn er von seinen möglichen Abnehmern, Gourmet- und Luxusköche aus dem arabischen Raum, spricht, die sich für sein Produkt interessieren. Für Bähler steht fest: «Sollten wir den Kaviar im grossen Stil absetzen können, dann werden wir auch die Produktion um ein Mehrfaches steigern und uns die nötige Infrastruktur in Form von Gewächshäusern anschaffen.»

Gebiss wird rausgenommen
Von einem allfälligen Durchbruch erhofft sich Bähler, dereinst ausschliesslich vom Verkauf seiner Schnecken-Produkte leben zu können. Bislang hat der gelernte Goldschmied und spätere Informatiker die Wintermonate als Technischer Hauswart oder auf dem Bau gearbeitet, um das Einkommen für sich und seine Familie aufzubessern.

Denn das grosse Geld liess sich bislang noch nicht mit der Schneckenfarm verdienen. «Der Arbeitsaufwand ist enorm gross», erklärt Bähler. Vor der Verarbeitung werden die Schnecken gekocht. Dadurch lösen sie sich vom Häuschen und können leicht herausgezogen werden.

Im Gegensatz zu ausländischen Schneckenzüchtern verwendet Bähler nur Kopf und Fuss des Kriechtieres. Das Eingeweide, das sich in der Mitte des Tieres befinde, werde herausgeschnitten. «Auch nehmen wir den Schnecken das Gebiss aus dem Mund», sagt der Züchter und erklärt, dass Schnecken Raspelzungen mit tausenden von allerkleinsten Zähnchen besitzen und diese werden in der Elgger Verarbeitung mit dem Fingernagel gekluppt. «Vom zwölf Gramm schweren Stückchen Schneckenfleisch wandert nur gerade vier Gramm Fleisch ins Glas oder ins Pfännchen.»

Mit 15'000 Schnecken angefangen
Die Idee, Schnecken zu züchten, hatte Hansueli Bähler, der Vater von Armin. Dieser sammelte in seiner Kindheit Weinbergschnecken und verkaufte sie. Als die Tiere aber in den 1970er-Jahren unter Schutz gestellt wurden, war dies nicht mehr möglich. Seit 2004 baut Armin Bähler an seiner Schneckenfarm, welche sich auf dem ehemaligen Bauernhof seiner Familie befindet. Mit 15'000 Schnecken, gekauft in Deutschland, begann Armin Bähler seine Zucht. 2008 wurde das Schnägge-Lädeli eröffnet, auf dem Hof werden Degustationen durchgeführt. Seither werden pro Saison rund 60 Führungen durchgeführt, dabei werden die Besucher in der Schnäggehüsli-Beiz oder im Schnecken-Biergarten verköstigt. Interessierte könne für zehn Franken eine Schneckenpatenschaft übernehmen und ihr persönliches Kriechtier damit vor dem Kochtopf retten.

www.schneckenfarm.ch