Schon jetzt wirken die Pferdekutschen in New York wie aus der Zeit gefallen. Zwischen vorbeirauschenden Autos und Bussen und neben Wolkenkratzern aus Glas und Stahl warten die Kutscher jeden Tag am Südeingang des Central Parks auf Kundschaft. Für viele Touristen gehört eine Kutschenfahrt zum Besuchsprogramm. Für den neuen Stadtpräsidenten de Blasio aber ist es Tierquälerei. Als eine seiner ersten Amtshandlungen will er die Kutschen abschaffen. Damit hat er einen heftigen Streit in der Millionenmetropole ausgelöst.

«Es wäre eine Schande, wenn das verboten wird», sagt Stuart Cole aus Grossbritannien, der gerade mit seiner Familie eine Tour durch den Park gemacht hat. «Es ist ein Teil der Kultur hier. In Amerika ziehen Pferde doch schon seit hunderten von Jahren Kutschen.»

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 Bild: r0sss/Flickr

Kutscher Colm McKeever sieht das genauso. «Das ist eines der berühmtesten Dinge, die man in New York machen kann. Venedig hat die Gondeln, New York hat die Kutschenfahrt durch den Central Park.» Die Pferde arbeiteten unter «fabelhaften Bedingungen, und in die Ställe kann man auch jederzeit hineingucken», sagt der 44-jährige Kutscher.

Gemeinsam mit Kollegen hat er eine Protestaktion gestartet: «Rettet die Pferdekutschen von New York City». «Wir werden bis zum Äussersten kämpfen, um unsere Lebensgrundlage zu retten», sagt er.

Elektro-Oldtimer als Ersatz
Aber auch Stadtpräsident de Blasio, seit Anfang des Jahres im Amt, lässt an seiner Entschlossenheit keinen Zweifel. «Wir werden schnell und offensiv handeln, damit Pferdekutschen nicht länger Teil des New Yorker Stadtbilds sind», betonte der 52-Jährige im Wahlkampf und auch nach Amtsantritt immer wieder. «Das ist keine artgerechte Tierhaltung und muss ein Ende haben.»

Schon bald könnte der Vorschlag im Stadtrat landen. Die Kutscher sollen nach Plänen des Stadtpräsidenten auf elektrisch betriebene Oldtimer umsatteln, damit sie ihre Jobs nicht verlieren. Unterstützt wird de Blasio von mehreren Tierschutzorganisationen, die sich schon lange am Einsatz der rund 200 Pferde im Central Park stören.

Laut Gesetz dürfen die Tiere neun Stunden am Tag arbeiten und müssen fünf Wochen Ferien im Jahr bekommen. «Das steht nur auf dem Papier. Die Umsetzung wird aber nicht kontrolliert», kritisiert Elizabeth Forel, Sprecherin der «Initiative für ein Verbot der Pferdekutschen».

Unfallgefahr für schreckhafte Pferde 
Die Pferde hätten ausser den Touren keinen Auslauf. Ausserdem seien die Tiere meist allein und nicht unter Artgenossen. Neben den Haltungsbedingungen kritisieren die Tierschützer auch, dass die Pferde eine Gefahr im Verkehr seien, weil sie sich leicht erschreckten. Immer wieder gab es in Manhattan in der Vergangenheit Verkehrsunfälle, an denen Pferde beteiligt waren.

Aber die Kutschen sind im Central Park seit mehr als 150 Jahren Tradition und durch zahlreiche Kinofilme und TV-Serien zu festen Sehenswürdigkeiten der Stadt geworden. Die Mehrheit der New Yorker steht Meinungsumfragen zufolge dann auch auf der Seite der Kutscher.

Luxuswohnungen statt Ställe
Die «New York Times» spricht sich ebenfalls gegen de Blasios Verbotspläne aus, und dies nicht nur aus touristischen Überlegungen. Die Verbotspläne würden nämlich auch von Immobilien-Investoren vorangetrieben, die auf den wertvollen Grundstücken der Ställe im neuen Trend-Viertel Hell's Kitchen in Manhattan Luxuswohntürme bauen wollten. Für de Blasio gebe es zudem zu Beginn seiner Amtszeit viel wichtigere Dinge zu tun, als Kutschen zu verbieten.

Die ganze Diskussion habe zumindest ein Gutes, sagt Kutscher McKeever. Seitdem es den Streit um das Verbot gebe, habe er mehr Kunden.

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Schauen Sie sich um: In den Clinton Park Stables werden die New Yorker Pferde untergebracht. Quelle: Google Street View