Tierschutzverordnung greift nicht
Tierärzte wollen rotes Kalbfleisch sehen
Eigentlich müsste Kalbfleisch seit Anfang Jahr rötlich sein. Doch wie immer, wenn wirtschaftliche Interessen auf Fragen zum Tierwohl treffen, finden sich Wege, Regeln zu umgehen.
Würden Sie eine rote Kalbsbratwurst essen? Diese Frage könnte als Sinnbild für die aktuelle Problematik in der Kalbfleisch-Produktion stehen. Im August 2013 hat «Tierwelt Online» noch geschrieben: «Kalbfleisch ist künftig nicht mehr weiss». Grund für diese Schlagzeile war der Beschluss des Bundes, per Anfang 2014 neue Richtlinien für Kalbfleisch in die Tierschutzverordnung aufzunehmen.
Mastkälber dürfen seit diesem Jahr nicht mehr ausschliesslich mit Milch und Stroh gefüttert werden, ihnen muss zusätzlich Raufutter wie frisches Gras sowie Wasser zur Verfügung gestellt werden. Denn sonst sind sie mangelhaft ernährt, ihnen fehlen wichtige Nährstoffe und Eisen. Dafür produzieren sie das allseits bekannte und beliebte helle Fleisch, das sich von Rinder- oder gar Schweineprodukten abhebt.
Abzüge für weisses Fleisch werden in Kauf genommen
Seit die neue Tierschutzverordnung in Kraft ist, hat sich das Bild in den Ladenregalen nicht gross verändert: Kalbsbratwürste sind immer noch weiss, Schnitzel sind ebenfalls heller als ihre Pendants aus Rindfleisch. Der Grund dafür: Die Fleischproduzenten werden kaum dafür bestraft, die Richtlinien zu verletzen. Zwar erhalten sie weniger Geld für «zu weisses» Kalbfleisch; auf der anderen Seite aber erfahren auch die Produzenten von Fleisch von «korrekt» ernährten Kälbern Abzüge auf die Kilopreise; weil die betreffenden, gesünderen Kälber langsamer wachsen, können sie erst in einem höheren Alter geschlachtet werden und erzielen dadurch tiefere Preise.
Die Gesellschaft der Schweizer Tierärzte (GST) will nun, dass sich dies ändert. «Das System bietet falsche Anreize», sagt Christof Scheidegger, GST-Kommunikationsleiter. «Es kann nicht sein, dass wir die Tiere aus wirtschaftlichen Gründen vernachlässigen.» Die GST fordert, dass die Kälber ohne finanzielle Abstriche für die Züchter vollwertig ernährt werden können.
Ein Weg zum Erreichen dieses Ziels wäre laut Scheidegger die Überarbeitung der komplexen Tarifstrukturen: Es sei genau festgelegt, wieviel Geld ein Fleischproduzent für welches Stück Fleisch eines Tieres in einem bestimmten Alter erhalte. Ist ein Kalb älter als 160 Tage, könne es nicht mehr zu «Qualitätsfleisch» werden, der Ertrag sinkt. «Dabei ist das die Natur», sagt Scheidegger. Und er fordert: «Vergesst nicht, dass es dabei um Lebewesen geht.»
Produzenten wollen Kalbfleisch enzigartig belassen
Letztlich wird aber die Wirtschaft immer stärker gewichtet werden als alle Tierschutzbemühungen. Das grössere Problem – und damit auch die einfachere Lösung – steckt in den Köpfen der Konsumenten: Wenn den Migros- und Coop-Kunden bewusst sei, dass Farbe nicht gleich Qualität sei, würden sie sich irgendwann auch an rote Kalbsbratwürste gewöhnen.
Solange dies nicht der Fall ist, haben Fleischproduzenten kein Interesse daran, Kalbfleisch gleich aussehen zu lassen wie Rindfleisch – schliesslich ist es teurer und die helle Farbe scheint für die Kunden die Legitimation für den höheren Preis zu sein.
Gerüchteweise könne aus bestimmten Maissorten ein Raufutter hergestellt werden, das den Kälbern die nötigen Nährstoffe gebe, ihr Fleisch aber dennoch hell bleiben lasse, sagt Scheidegger. Ob das Kalbfleisch der Zukunft nun rot oder weiss ist, kümmert ihn wenig. Hauptsache die Mastkälber können ihre kurzen Leben gesund führen. Dennoch sieht er auch eine solche Maisdiät nicht als eine gute Lösung: «Die Fleischfarbe darf nicht das Ziel der Tierzucht sein.»
Dieser Artikel wurde automatisch auf unsere neue Website übertragen. Es kann daher sein, dass Darstellungsfehler auftreten. Diese können Sie uns mit folgendem Formular melden. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Bitte loggen Sie sich ein, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Falls Sie noch kein Agrarmedien-Login besitzen:
Jetzt registrieren