Ohnmachtsanfälle
Ziegen mit schwachen Nerven
Zu behaupten, dass Tennessee-Ziegen beliebt sind, wäre übertrieben. Weniger als 10 000 Stück dieser US-Rasse gibt es weltweit. Und das mit gutem Grund: Sie fallen bei der geringsten Aufregung für kurze Zeit in Ohnmacht.
Im Internet ist die Tennessee-Ziege äusserst gesucht. Beinahe 22 Millionen Mal ist alleine ein kurzes Video auf der Plattform Youtube bisher angeklickt worden, das die aus den USA stammende Rasse vorstellt. Grund für diese Begeisterung ist ein Verhalten, das die Ziegen an den Tag legen, wenn sie erschreckt werden. Lässt jemand eine Papiertüte platzen oder freuen sich die Geisslein unbändig, weil das Futter kommt, so kann es vorkommen, dass die Tiere wie vom Blitz getroffen umfallen und etwa zehn Sekunden lang völlig paralysiert liegen bleiben. Danach rappeln sie sich schnell wieder auf und verhalten sich, als wäre nichts geschehen.
Die Tennessee-Ziege ist eine relativ kleine, ziemlich alte Rasse. Ihre Geschichte kann bis in die 1880er-Jahre zurückverfolgt werden und geht wahrscheinlich auf einen amerikanischen Farmbesitzer namens John Tinsley zurück. In den USA wurden die Ziegen im Laufe der Zeit mit zahlreichen Namen belegt – alle hängen mit der erwähnten Schreckstarre respektive den Ohnmachtsanfällen zusammen. So heissen die Geissen auf Amerikanisch Fainting Goats (ohnmächtig werdende Ziegen), Nervous Goats (nervöse Ziegen), Stiff-leg Goats (steifbeinige Ziegen) oder gar Wooden-leg Goats (Holzbeinziegen).
Ursache für die Ohnmachtsanfälle ist eine vererbliche Muskelkrankheit namens Myotonia congenita Thomsen. Bei dieser Krankheit, die auch beim Menschen auftreten kann, werden die Skelettmuskeln bei einem bestimmten Reiz sofort und stark kontrahiert und können sich dann eine Zeit lang nicht wieder entspannen. Will heissen, wenn eine Ziege erschreckt wird, verkrampft sie sich, fällt in einen ohnmachtsähnlichen Zustand zu Boden, streckt die Beine von sich und ist für einige Sekunden ausser Gefecht gesetzt. Dabei verlieren die Tiere jedoch nicht das Bewusstsein.
Manche lernen, damit umzugehen
Medizinisch gesehen ist das Ganze ein komplizierter Vorgang, der auf einem vererblichen Gendefekt beruht, der in der Membran der Muskelzellen dafür sorgt, dass die Kanäle für sogenannte Chlorid-Ionen weniger leistungsfähig sind. Dadurch kommt es zur Übererregbarkeit der Muskulatur und damit zu den krampfartigen Anfällen. Gesundheitliche Schäden werden von der Schockstarre nicht verursacht, wenn man vielleicht von ein paar Schürfwunden beim Hinfallen absieht. Mit der Zeit haben zudem zumindest einige Ziegen gelernt, mit diesen Anfällen umzugehen. Ältere Ziegen etwa spreizen die Beine oder lehnen sich gegen eine Wand, wenn ein Anfall droht. So bleiben sie wenigstens stehen.
Aber warum züchtet man ausgerechnet Ziegen, die ständig umfallen? Zunächst einmal gibt es nicht übermässig viele Tennessee-Ziegen. Man schätzt den Gesamtbestand weltweit auf 10 000 Stück. Dass die Rasse überhaupt noch gehalten wird, liegt wahrscheinlich daran, dass sie durchaus auch ein paar positive Eigenschaften zu bieten hat: Das Fleisch ist sehr schmackhaft, das Winterfell kann zur Produktion von Kaschmir genutzt werden, die Ziegen haben eine hohe Vermehrungsrate und obendrein gelten die weiblichen Ziegen auch noch als hervorragende Mütter.
In Sachen «Nutzen» ist übrigens das Gerücht nicht totzukriegen, früher seien die «Fainting Goats» eingesetzt worden, um Schafherden vor Raubtieren zu schützen. Man habe die Ziegen ganz gezielt unter die Schafe gemischt, weil sie die perfekten Opfer waren. Griff zum Beispiel ein Puma, ein Bär oder ein Wolf die Herde an, fielen die Ziegen erwartungsgemäss vor Schreck um, wurden gerissen und bewahrten dadurch die übrigen Herdenmitglieder vor dem Tod.
Allerdings handelt es sich bei dieser Geschichte, so überzeugend sie auch klingen mag, wahrscheinlich nur um eine moderne Grossstadtlegende. Schliesslich ist eine Ziege genauso teuer, wie ein Schaf. Der wirtschaftliche Vorteil dieser Handlungsweise wäre also überschaubar gewesen.
Ein weiteres Video mit umfallenden Ziegen:
[EXT 1]
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