In verschiedenen Gebieten der Schweiz ist die gefürchtete Pferdekrankheit Druse wieder aufgeflammt. Es sind Fälle bekannt aus dem Zürcher Unterland, dem Baselbiet, Appenzell, der Innerschweiz sowie den Regionen Solothurn und Neuenburg. Tritt in einem Stall Druse auf, verbreitet sich diese Meldung in den Netzwerken explosionsartig.

Das ist einerseits wertvoll, denn sie warnen die Pferdebesitzer und Reiter und mahnen sie zur Vorsicht. Andererseits wird in Kommentaren unnötige Panik geschürt. «Die Hysterie, welche die Druse in den sozialen Medien auslöst, ist das grössere Problem als die Krankheit selber», sagt Marco Hermann. Die bakterielle Erkrankung der oberen Atemwege sei zwar sehr ernst zu nehmen, erklärt der Pferdemediziner, «ein an Druse erkranktes Pferd ist jedoch kein Grund zur Panik.» 

Eine Kinderkrankheit des Pferdes
Allerdings ist es wichtig, dass jeder Pferdebesitzer die Anzeichen und die Gefahren einer Druse kennt, um im Ernstfall richtig zu reagieren: Ein erkranktes Pferd muss die richtige Behandlung bekommen und es müssen Massnahmen getroffen werden, um andere Tiere zu schützen und ein weiteres Ausbreiten zu verhindern.

Verursacht wird die Druse durch eine Infektion mit Bakterien der Spezies Streptococcus equi. Bei einer starken Belastung des Immunsystems durch eine vorangegangene Erkrankung oder durch Stress können die Drusebakterien aktiviert werden. Die Ansteckung von aussen erfolgt durch den direkten Kontakt mit erkrankten Artgenossen, hauptsächlich durch eine Tröpfcheninfektion. Pferde können aber auch indirekt über passive Bakterienträger wie den Menschen, gemeinsam genutzte Futterkrippen, Wassereimer oder Putzzeug angesteckt werden.

Meistens sind jüngere Pferde im Alter von ein bis drei Jahren betroffen, deren Immunsystem noch nicht ausgereift ist. Man bezeichnet Druse deshalb oft als Kinderkrankheit des Pferdes. «Hat ein Jungpferd sie einmal durchgemacht, bildet es Antikörper und ist immun dagegen», sagt Hermann. Angesteckt werden können aber Pferde jeden Alters, wobei neben den ganz jungen auch die älteren Pferde ab etwa 15 Jahren stärker gefährdet sind, weil deren Immunsystem nicht mehr so leistungsfähig ist.

Meist gute Heilungschancen
Bei einer Infektion gelangt der Erreger über Einatmen oder Schlucken in das Pferd und über die Schleimhäute in der Nase oder im Maul in den Rachen und in die dortigen Lymphknoten. Dort rufen sie eine Entzündungsreaktion hervor. Es dauert zwischen drei und 14 Tage, bis sich die ersten Symptome zeigen. Das Pferd wird schlapp, frisst schlecht, hat eine Schnuddernase und leichtes Fieber – was alles auch Anzeichen einer harmlosen Erkältung sein könnten. Doch spätestens wenn das Fieber nicht weggeht, sondern bis 41 Grad steigt, der Nasenausfluss nicht mehr klar, sondern eitrig und gelblich grün ist, das Pferd hustet und die Lymphknoten am Kopf, also zwischen den Unterkieferästen und an den Ganaschen (Wangen) anschwellen, müssen beim Pferdebesitzer die Alarmglocken läuten.

Da sich die Drusebakterien in den Lymphknoten ansammeln, füllen sich diese mit Eiter und schwellen immer stärker an. Es kommt zu Abszessen, die nach ein bis zwei Wochen aufplatzen. Meist geschieht das nach aussen, es ist aber auch möglich, dass sich die Lymphknoten am Kehlgang nach innen in den Luftsack entleeren. Danach geht es den betroffenen Pferden deutlich besser und das Fieber sinkt. Deshalb wird beim Reifen der Abszesse oft nachgeholfen, zum Beispiel mit durchblutungsfördernden Salben oder warmen Umschlägen, die die Schmerzen lindern. Ein altes, bewährtes Hausmittel ist ein warmer Brei aus gekochten Kartoffeln, den man in einen Plastiksack füllt und mit einem Schal am Hals befestigt.

Beim ersten Verdacht auf Druse muss das betroffene Pferd von seinen Artgenossen isoliert werden. Wird die Druse zu spät erkannt oder werden kranke Pferde zu spät von den anderen getrennt, kann es zu einem seuchenhaften Ausbruch im gesamten Pferdebestand eines Stalls oder sogar einer Region kommen.Obwohl die Druse eine bakterielle Infektion ist, wird nicht zwingend mit Antibiotika behandelt. «Ein erkranktes Pferd braucht vor allem viel Ruhe und sollte nicht belastet werden», sagt Hermann. Da viele Drusepatienten Schluckbeschwerden haben, sollte man ihnen breiiges Futter anbieten.

Die Heilungschancen bei Druse sind gut: Die Erkrankung heilt meistens ohne Folgeschäden für das Pferd ab. In seltenen Fällen kann es aber auch zu Komplikationen wie chronischen Eiteransammlungen im Luftsack oder Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe kommen. Und befallen die Drusebakterien andere Körperregionen wie das Gehirn, die Brust- oder Bauchhöhle – man spricht dann von «metastatischer Druse» –, kann die Krankheit sogar tödlich verlaufen. Beim Umgang mit kranken Tieren besteht für den Pferdebesitzer keine Gefahr. «Der Erreger ist nicht auf Menschen übertragbar, mit einer Ausnahme: Bei Säuglingen kann es zu einer Infektion kommen», erklärt Hermann.

Die Druse ist nicht meldepflichtig
Neben der Isolation und intensiven Betreuung der Pferde sind bei einem Druseausbruch die umfassende Information aller beteiligten Personen und das Einhalten von strikten Hygienemassnahmen wichtig. Denn das krank machende Bakterium überlebt auch ausserhalb des Pferdes: auf trockenen Oberflächen bis zu vier Tage, in feuchter Umgebung, etwa im Bereich der Tränke, bis zu acht Wochen. 

Mit handelsüblichen Desinfektionsmitteln lässt es sich problemlos abtöten. Wer Kontakt zu kranken Pferden hatte, muss die Hände desinfizieren sowie Schuhe und Kleider wechseln, bevor er sich gesunden Pferden nähert. Eine Ansteckungsgefahr geht auch aus von sämtlichen Gegenständen im Stall wie Wasser- und Futtereimern, Mistgabeln, Halftern, Stricken und Putzzeug. Weiden, auf denen sich erkrankte Pferde aufgehalten haben, sollten für vier Wochen ungenutzt bleiben. 

Auf dem betroffenen Betrieb muss jeder Pferdeverkehr eingestellt werden: Es dürfen keine neuen Tiere eingestallt werden und keine den Hof verlassen. Auch scheinbar gesunde Pferde sollten in dieser Zeit auf auswärtige Trainings und Turniere verzichten, da sie bereits angesteckt sein könnten. Da Fieber eines der ersten Anzeichen einer Infektion ist, sollte bei den scheinbar noch gesunden Pferden im Stall ein- bis zweimal täglich die Temperatur gemessen werden. 

Da die Druse nicht in der eidgenössischen Tierseuchenverordnung geführt wird, müssen Erkrankungen bislang nicht dem Kantonstierarzt gemeldet werden. Weil der Informationsaustausch bei Infektionskrankheiten aber wichtig ist, um entsprechende Vorsichtsmassnahmen einzuleiten, wurde Ende 2013 die Internetplattform Equinella lanciert. Auf dieser können registrierte Tierärzte Drusefälle und andere Pferdekrankheiten melden. Die Meldungen sind öffentlich einsehbar, sodass sich auch interessierte Pferdehalter über die aktuelle Lage informieren können.