Ein Huhn auf dem Teller ist nichts Aussergewöhnliches, und vielleicht kommt zu Ostern auch bei «Tierwelt»-Leserinnen und -Lesern ein Poulet auf den Tisch. Keine Gaumenfreude, aber eine Augenweide sind Besteckhalter in Hühnerform aus Filz. Gerade auf den österlich gedeckten Tisch passt das nützliche Accessoire gut und bezaubert zudem Besitzer und Gäste.

Der Fantasie bei der Farbwahl sind keine Grenzen gesetzt, schliesslich gibt es richtige Hühner auch in Hunderten Farbvarianten. Und wem dies zu wenig ist, kann natürlich auch ein Huhn in Fantasiefarben kreieren. So farbenfroh, wie die gefiederten Tiere sind, so unterschiedliche Formen weisen sie auch auf. Da geht es vom würfelförmigen Orpington bis zu den schwanzfederlosen Araucanas.

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Details wie hier das Flügelmuster, aber auch Körper- und
Kammform können beliebig variiert werden.

Bild: Fabienne Schenkel

Filz ist ein modernes Material
In unserem Beispiel haben wir das Schnittmuster eines klassischen Huhnes mit einem Zackenkamm abgedruckt (das Schnittmuster können sie hier herunterladen). Mit kleinen Veränderungen der Körperform und des Kammes kann aber auch jede beliebige andere Rasse kreiert werden. Früher dachte man bei Filz gleich an Omas Pantoffeln oder altmodische Hüte. Doch das alte Material ist heute wieder in und in vielerlei Form für die Mode- und Kunstwelt neu entdeckt worden. Gründe dafür gibt es mehrere. Zum einen ist Filz einfach herzustellen. Man benötigt keine grossen und teuren Maschinen, wie beispielsweise einen Webstuhl zum Weben. Zum anderen muss das Material nicht aus fernen Ländern eingeflogen werden. Schafwolle wird in der Schweiz produziert und ist relativ einfach erhältlich. Aber nicht nur die Herstellung überzeugt mit ihrer Einfachheit; auch das Verarbeiten von Filz ist unkompliziert und auch für Anfänger ohne Weiteres machbar. So muss Filz nicht versäubert werden, denn das Material kann nicht ausfransen, was die Verarbeitung einfach und schnell macht.

Aus Wut entstand ein Filzteppich
Um Filz herzustellen, braucht es eine geeignete Wollfaser, Reibung, Wärme und Feuchtigkeit. Die Wolle wird mit warmem Wasser und Seife zusammen so lange gerieben (gewalkt), bis sich die Wollfasern fest ineinander verhaken und eine dichte, stabile Fläche bilden. Darüber, wann, wo und wie zum ersten Mal gefilzt wurde, gibt es keine verlässlichen Angaben. Archäologische Funde legen aber nahe, dass Filz bereits in der Jungsteinzeit bekannt war. Drei Legenden ranken sich um die Entdeckung des Filzens. So soll der heilige Clemens, seines Zeichens Schutzpatron der Hutmacher, der Erfinder sein. Auf seiner Flucht vor den Römern soll er so starke Schmerzen an den Füssen gehabt haben, dass er sich Wolle in die Sandalen stopfte, um den Schmerz zu lindern. Zusammen mit dem Fussschweiss, der Reibung und der Hitze habe sich in seinen Sandalen ein kleiner Filzteppich gebildet.

Eine persische Geschichte besagt, dass der Sohn Salomons aus Schafhaaren eine wasserdichte Fläche herstellen wollte. Er fand jedoch kein Mittel, um die losen Fasern miteinander zu verbinden. Das machte ihn so traurig, dass er eine Menge Tränen vergoss und vor lauter Enttäuschung wie wild auf der Wolle herumtrampelte. Und als er sich wieder beruhigt hatte, sei er auf einem Filzteppich gestanden.

Die dritte Legende geht auf die Arche Noah zurück. Die Tiere auf dem Schiff hatten kaum zu essen und mussten sich auf engstem Raum gegenseitig wärmen. So verloren sie nach und nach ihre Wolle. Durch den Urin und das ständige Herumtrampeln auf der Wolle verhakten sich die Fasern ineinander, und beim Verlassen der Arche hätten die Tiere einen gefilzten Teppich zurückgelassen.

Schnittmuster zum Herunterladen (pdf)