Können Sie sich vorstellen, 90 Minuten lang gebannt einen Film zu verfolgen, in dem lediglich drei belanglose Worte auf Portugiesisch gesprochen werden? «Amazonia» beweist, dass dies möglich ist. Noch Minuten nach dem Abspann bleibt man wie gefesselt im Kinosessel sitzen, weil die vorherigen Eindrücke einen einfach nicht loslassen.

Alles fängt mit einer Bruchlandung mitten im brasilianischen Regenwald an. An Bord befindet sich neben dem Piloten nur der verängstigte Kapuzineraffe Saï, der in einem kleinen Käfig eingesperrt ist. Der Pilot ergreift nach dem glimpflich ausgegangenen Absturz sofort die Flucht, sodass Saï auf sich allein gestellt ist. Schnell wird klar, dass das Tier ein Leben in der Wildnis nicht kennt und in Gefangenschaft aufgewachsen sein muss. Neugierige Nasenbären befreien den kleinen Affen schliesslich. Aber nicht etwa aus Gefälligkeit, sondern um sich die Bäuche vollzuschlagen. Ein glücklicher Zufall – im Flugzeug erzeugt ein umkippender Gegenstand Lärm – lenkt sie jedoch von ihrer potenziellen Mahlzeit ab. Damit beginnt für Saï eine Odyssee durch eine fremde Welt.

Der Zuschauer muss das Äffchen einfach in sein Herz schliessen

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 Bild: © Filmcopi

Von nun an erleben die Kinobesucher die Weiten des Amazonas-Regenwaldes an der Seite des Kapuzineräffchens. Völlig überfordert von seiner plötzlichen Freiheit tappt Saï durch die unbekannte Fauna. Es ist dabei unmöglich, ihn nicht sofort ins Herz zu schliessen und seine Emotionen zu teilen. Etwa seine Überraschung, als er mit grossen Augen beobachtet, wie ihm eine riesige Spinne über den Weg krabbelt. Man leidet mit ihm, wenn er sich durchnässt an einen Baumstamm klammert und hilflos auf dem Amazonas treibt. Und bei der Hetzjagd eines hungrigen Jaguars krallt sich der Zuschauer vor lauter Anspannung in die Armlehnen. Doch es gibt auch äusserst heitere Momente. Zum Beispiel, wenn Saï einer riesigen, züngelnden Boa seinerseits frech die Zunge entgegenstreckt.

Je länger der Film dauert, desto grösser wird die Sehnsucht danach, dass der kleine Affe auf Artgenossen trifft und sich ihnen anschliessen kann. Denn nur sie können Saï zeigen, wie man in der Natur überleben kann. Als es endlich zu dieser Begegnung kommt, weiss der Zuschauer, dass nun alles gut wird. Saï integriert sich schnell in die neue Gruppe und guckt sich bei den anderen Kapuzineraffen Tricks ab, um über die Runden zu kommen.

Das Konzept, nur auf Bilder, Musik und Geräusche zu setzen, funktioniert

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 Bild: © Filmcopi

«Wir haben ausschliesslich im Regenwald gedreht und über sechs Jahre gebraucht, um das Projekt ‹Amazonia› zu realisieren. Es sollte möglichst authentisch sein», berichtet der französische Regisseur Thierry Ragobert. Selbst fiktive Szenen sind nicht komplett gestellt. «Beim Filmen haben die Tiere teilweise sehr ungewöhnliche Verhaltensweisen gezeigt, die wir fiktiv verwendet haben.» Die Kapuzineräffchen wurden aber nicht extra für den Film trainiert. So habe es viel Geduld erfordert, bis die gewünschten Elemente für die spannende Geschichte im Kasten waren, sagt Ragobert.

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 «Amazonia 3D», Dokumentarfilm, 90 Min.,
 Verleih: Filmcoopi, ab 23. Januar im Kino.

Auf Erzählungen und Dialoge habe man bewusst verzichtet, damit der Betrachter möglichst intensiv in den Regenwald eintauchen könne. Bilder hätten eine grössere Wirkung als Worte, erklärt der Produzent Stéphane Millière. Das Konzept geht auf, wozu auch die ausdrucksstarken 3D-Effekte beitragen. Ausserdem packt die gelungene Mischung aus Musik und natürlichen Geräuschen den Zuschauer. Beispielsweise bei einer Sturmszene, als ein mächtiges Orchester und die Intensität des Wolkenbruchs eine dramatische Stimmung erzeugen.

So bleibt am Ende nur ein Wunsch übrig: Gerne wüsste man, welche exotischen Tierarten im Laufe des Films vorkommen. Diesbezüglich tappt zumindest der Laie häufig im Dunkeln. Das ändert aber nichts daran, dass sich der Kinobesucher 90 Minuten lang auf eine fantastische Reise durch eine faszinierende Welt begibt – an der Seite eines äusserst liebenswerten Kapuzineräffchens.

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