Ob ein Doppeladler auf einem Damasttischtuch, eine Kreuzspinne auf einem Seidenfoulard oder ein «Hello-Kitty»-Katzengesicht auf einem Pyjama. Das Textilmuseum St. Gallen zeigt in der Sonderausstellung «Viecher» ein Sammelsurium an Tierdarstellungen aus fünf Jahrhunderten.  

Kuratiert wurde die Ausstellung von Annina Weber. «Ich wollte den Blickwinkel der Entwerfer zeigen», erklärt die junge Designerin bei einem Rundgang durch die Ausstellung. Beim Durchforsten der Depots des Textilmuseums sei sie quer durch alle Epochen fündig geworden. Die ältesten Stücke stammen aus dem 16. Jahrhundert. Aktuelles kaufte die Kuratorin im Laden einer europäischen Billig-Mode-Kette.  

Auf Fantasie angewiesen
Während heutige Designer ein Tier-Sujet in Sekundenschnelle aus dem Internet kopieren können, bekamen Entwerfer früherer Jahrhunderte exotische Tiere kaum je zu Gesicht. «Wie man auf vielen Stoffen sieht, zeichneten sie die Tiermotive aus der Fantasie oder nahmen Wappenscheiben oder biblische Zeichnungen als Vorbilder», sagt Weber.   Als Ende des 18. Jahrhunderts in Europa Zoos aufkamen, zeichneten Entwerfer die Tiere dort ab und brachten die Sujets auf die Stoffe. Zahlreiche Tierpräparate in der Ausstellung – Leihgaben des eine Sonderausstellung Naturmuseums St. Gallen – sollen an diese Zeit erinnern.  

Eine interessantere Perspektive hatten Schweizer Produzenten von Umschlagtüchern aus dem 19. Jahrhundert. Sie schickten ihre Entwerfer nach Afrika oder Indien, um die exotischen Muster zu kopieren. Die Stoffe wurden im Kanton Glarus produziert und dorthin exportiert, wo die Muster herkamen. «Wegen der fortgeschrittenen Industrialisierung konnten die Schweizer die Stoffe billiger herstellen», sagt Weber.  

Technik macht alles möglich
Geprägt wurden die verschiedenen Tiersujets auch durch die technische Entwicklung. Während die Stickerei eine Reduktion der Motive nötig machte, erlaubte es der Digitaldruck, auf Textilien zu malen. Technisch sei heute alles machbar, sagte die Textildesignerin, die für eine St. Galler Wäschefirma arbeitet. «Grenzen setzt heute nur der Preis».