Licht aus, Vorhang auf. Es ist mucksmäus­chenstill im Zuschauersaal. Da durchbrechen plötzlich zwei grell leuchtende Katzenaugen die Dunkelheit. Dann sind es vier, sechs, acht, zehn. Es werden immer mehr, bis die Bühne schliesslich in ein mystisches  Licht getaucht ist und die ersten Töne erklingen. Welch ein Prolog! Auch 35 Jahre nach seiner Weltpremiere hat die Eröffnung des Musicals «Cats» nichts von seiner Magie verloren. Das gilt auch für die Handlung. Immer noch buhlen die sogenannten Jellicle-Katzen (siehe Kasten) bei Vollmond um die Gunst des weisen Katers Old Deuteronomy. Denn nur der Sippenälteste entscheidet, wer die Reise von der Müllhalde zum Heaviside Layer antreten darf und damit ein neues Katzenleben erhält.

Doch welcher pelzige Vierbeiner zieht mit seinen zur Schau gestellten Fähigkeiten das grosse Los? Die schneeweisse Edelkatze Victoria mit ihren geschmeidigen Bewegungen? Der beflissene Munkustrap, eine geborene Führernatur? Der vornehme Kater Buster Jones, der sich als wahre «Gentlecat» präsentiert? Oder schafft es tatsächlich die divenhafte Grizabella ihren einstigen Glanz aufblitzen zu lassen, obwohl ihre Schönheit längst verblasst und ihr Fell mittlerweile schäbig und abgetragen ist? 

Bis es zur mit Spannung erwarteten Entscheidung kommt, muss die Katzengemeinschaft allerdings noch bange Momente überstehen. Vor allem der hinterlistige Macavity sorgt für mächtigen Aufruhr, indem er Old Deuteronomy entführt. Nur mit gebündelten Kräften können die Jellicle-Katzen dem Banditen das Handwerk legen.

In Originalsprache zurück in Basel
Als «Cats» 1981 in London seine Premiere feierte, hätte niemand geglaubt, dass das Musical von Andrew Lloyd Webber eine derartige Erfolgsgeschichte schreiben würde. Allein in der britischen Hauptstadt lief das vielfach prämierte Stück 21 Jahre lang und erreichte die unglaubliche Zahl von 8950 Vorstellungen. Auf der ganzen Welt haben über 73 Millionen Besucher in mehr als 300 Städten die Katzen tanzen gesehen und singen gehört. 

Nach mehreren Gastspielen in der Schweiz kehrt «Cats» nun mit der englischsprachigen Originalversion ins Musical Theater Basel zurück. Die Choreografie hat dabei bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüsst. Typische Verhaltensmuster von Katzen – mal verschmust, dann wieder scheu und plötzlich verspielt und angriffslustig – verschmelzen in ballettartigen Tanzbewegungen und akrobati­schen Einlagen. Die Zuschauer dürfen sich aber auch auf überarbeitete, moderne Elemente freuen.

Die sagenumwobenenJellicle-Katzen
Die Jellicle-Katzen aus «Cats» sind nicht irgendwelche Katzen. Sie gehören einer besonderen Spezies an. Mal niedlich, mal grazil, mal verspielt oder einfach nur rund und gemütlich. Jellicles wittern Stürme lange im Voraus und bahnen sich einen Weg, wenn andere sich verirren. Vor allem aber kennen sie das Geheimnis, in den Katzenhimmel, den Heaviside Layer, emporzusteigen und zu einem neuen Leben zu gelangen. Schliesslich heisst es in ihrem Lied: «Do you know how to go to the Heaviside Layer? Because Jellicles can and Jellicles do» – «Weisst Du, wie Du in den Sphärischen Raum kommst? Denn Jellicles können es und Jellicles tun es.»

Gänsehaut beim Klassiker «Memory» 
So ist aus dem einstigen Rockstar Rum Tum Tugger ein cooler Strassenkater mit riesiger Silberkette geworden. Passend zum neuen Outfit rappt er nun, was das Zeug hält, und bezirzt damit die weiblichen Katzen ebenso wie das Publikum. Wer mit Hip-Hop nichts anfangen kann und es lieber klassisch mag, darf sich auf die italienische Arie freuen, die Growltiger und Griddlebone schmettern. Beeindruckend ist dabei, wie die beiden Darsteller vom Jazz- in den Puccini-Stil wechseln. Sowohl der Hip-Hop-Song als auch die Arie stammen erneut aus der Feder von Webber.

Auch technisch gab es einige kosmetische Anpassungen. Zahlreiche Spezialeffekte und die Installation von Monitoren, Videogeräten und Mikrofonen in den Kulissenteilen der legendären Müllhalde peppen das Musical auf und bilden einen zeitgemässen Rahmen. Allen Auffrischungen zum Trotz bleibt der Höhepunkt von «Cats» aber das altbewährte «Memory» von Grizabella. Wie zu Beginn des Stücks erstarren die Zuschauer in andächtiger Stille. Gänsehaut ist bei diesem Auftritt genauso garantiert wie ein lang anhaltender Ohrwurm. Am liebsten wäre man in diesem Moment eine Katze, die ihrer Zufriedenheit mit lautem Schnurren Ausdruck verleiht.

«Cats» läuft vom 19. April bis 22. Mai jeweils dienstags bis sonntags im Musical Theater Basel. An den Wochenenden gibt es zwei Shows. Mehr Informationen: www.musical.ch/cats.