Bündnerfleisch
Schweigen und geniessen
Wer sein Trockenfleisch als Bündnerfleisch bezeichnen darf, leistet einiges. Das Alpine Museum der Schweiz gibt einen Einblick in die monatelange Produktion – einst und heute.
Spätestens seit der ehemalige Bundesrat Hans-Rudolf Merz «Bü…Bü…Bündnerfleisch» durch den Nationalrat prustete, ist die Spezialität in aller Munde. Noch im gleichen Jahr kletterte der Exportanteil auf rekordverdächtige 67 Prozent, aktuell liegt er bei 61 Prozent. Grosse Fans unseres Bündnerfleischs sind vor allem Franzosen und Amerikaner. Warum eigentlich? Auch andere Völker trocknen Fleisch, etwa in Afrika, China oder Südamerika. Aber keines ist so exklusiv wie das Bündnerfleisch – das verdeutlicht momentan eine Ausstellung im Alpinen Museum der Schweiz. Es zeigt die ganze Verarbeitungskette des Bündnerfleischs, von der Kuh bis zum Genuss, von damals bis heute.
Ein Pflichtenheft vom Bundesamt für Landwirtschaft erlaubt die Produktion nur zwischen 800 und 1800 Metern – im Bündnerland natürlich. Betriebe, die nicht nach Reglement produzieren, dürfen ihr Produkt maximal als Bündner Trockenfleisch bezeichnen. Kein Kriterium ist, ob die Kuh auf Bündner Weiden gegrast hat; der Bestand in der Schweiz wäre schlicht zu knapp. Metzger verwenden daher zu zwei Dritteln Rindfleisch aus Südamerika.
Kochen mit Bündnerfleisch Das Alpine Museum Schweiz plant als Begleitprogramm zur aktuellen Sonderausstellung zwei kulinarische Veranstaltungen. «Ähnlich einer Weindegustation laden wir zu einer Trockenfleisch-Degustation», sagt die Ausstellungs-Verantwortliche Barbara Keller. Zur Auswahl stehen Trockenfleisch-Sorten von in- und ausländischen Produzenten. Und zwei Tage später wird im Museumsrestaurant unter fachkundiger Leitung typisch bündnerisch gekocht: Capuns mit Bündnerfleisch. Trockenfleisch-Degustation: 19. November, 18.30 Uhr. Bündner Kochkurs: 21. November, 17.30 Uhr. www.alpinesmuseum.ch |
Das Biwak – so wird der Ausstellungsraum genannt – misst überschaubare 100 Quadratmeter. Auf einem grossen Tisch liegt alles, was zur Bündnerfleischproduktion gehört. Hinter den Schlachtinstrumenten, zwischen Gewürzen und Rezeptideen, laufen Tonbandaufnahmen in der Endlosschlaufe. Kleinproduzent Jörg Brügger schimpft grade über Konsumenten, die das Fleisch blindlings pfeffern. Schliesslich schmecke sein Fleisch einzigartig – dafür brauche es monatelange Arbeit. Und Anselm Sialm schwärmt von der perfekten Luftfeuchtigkeit bei ihm in Disentis.
Ist der Hintergrund bekannt, versteht man die beiden sofort: Bis ein Stück Stotzen vom Rind zum genussfertigen Bündnerfleisch heranreift, vergehen mehrere Monate. Es wird eingerieben mit Salz und Gewürzen – zum Beispiel Ingwer, Nelken, Zimt – und drei bis fünf Wochen lang aufgeschichtet. Während das Fleisch in der Eigenlake schwimmt, schichtet es der Produzent mehrmals um. Danach kommt das Pressen (hier entsteht die typisch rechteckige Form) und das Trocknen an Bündner Luft, hängend. «Bis das Bündnerfleisch verkauft wird, hat es der Produzent ungefähr 60 Mal in der Hand gehabt», sagt Barbara Keller vom Alpinen Museum der Schweiz. Noch heute produzieren einige Betriebe das Bündnerfleisch wie früher, als Trocknen die einzige Möglichkeit war, Fleisch haltbar zu machen.
Und jetzt, kurz vor dem Ausgang, kommt er also doch: Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz. Auf dem millionenfach gesehenen Video, im Nationalrat stehend, Tränen lachend. Was machte er da eigentlich? Eine Frage zu gewürztem Fleisch beantworten, gewissenhaft, fehlerfrei vorgetragen. Aber was er sagte, verstand er nicht mal selbst – das haben spätestens nach seiner Lachattacke alle verstanden. Wenn es um Bündnerfleisch geht, ist das Beste ohnehin: Man geniesst – und schweigt.
Die Ausstellung «Bündnerfleisch. Alpenkulinarik vom Feinsten» läuft bis zum 7. Dezember im Alpinen Museum Schweiz, Helvetiaplatz 4, Bern. Öffnungszeiten: Di. bis So., 10 bis 17 Uhr.
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