Mudragh schnuppert neugierig an der goldenen Schale, die da vor seinen Nüstern schwebt. Erhofft er sich etwas zum Naschen? Man weiss es nicht. Auf jeden Fall verliert der Wallach rasch das Interesse, denn die Schale ist leer. Sie ist Daniela Hegners Arbeitsgerät. Die 52-Jährige ist eine Tiertherapeutin. Eine, die spezielle Methoden anwendet. Hier, in einer Reithalle in Rudenwil TG etwa demonstriert sie die sogenannte Klangschalentherapie. 

Sie stellt sich nun neben das Pferd, hält die Schale so, dass sie dessen Flanke berührt – und schlägt sie mit einem Klöppel an. Ein kaum hörbarer Ton erklingt und die Schale beginnt zu schwingen. Die Schwingungen, so die Idee, übertragen sich auf den Pferdekörper, das Tier entspannt sich, Energieblockaden lösen sich. Bei Mudragh will das heute nicht so recht klappen, es stehen zu viele Zuschauer um ihn herum – und draussen fahren zwei Gemeindearbeiter vor und säubern den Stras­senrand. Mudragh spitzt die Ohren und schaut durch die offene Tür. Erst als es etwas ruhiger wird, entspannt er sich. Senkt den Kopf, bekommt einen verklärten Blick. «Das ist eine typische Haltung, wenn Pferde mit der Klangschale behandelt werden», sagt Hegner.

Tier-Vital-Messe
Die Tier-Vital-Messe versteht sich als Plattform für alternative Heil-, Therapie-, Trainings- und Ernährungsmethoden. 36 Ausstellerinnen und Aussteller präsentieren sich, ihre Methoden, geben Tipps und Informationen. 14 Aussteller werden zudem, verteilt über den ganzen Tag, jeweils 20-minütige Vorträge über ihr Fachgebiet halten.
Wann: Sonntag, 8. April, 9 bis 17 Uhr.
Wo: Stadtsaal Wil SGbr /> www.tier-vital-messe.ch

Die Klangschalentherapie steht stellvertretend für eine Fülle von Behandlungsmethoden, die gemeinhin unter dem Begriff alternative Therapien zusammengefasst werden. Einige davon, etwa die Homöopathie oder die Akupunktur, haben es ins Bewusstsein eines breiten Publikums geschafft – andere hingegen fristen ein Mauerblümchendasein. «Viele Leute wissen nicht, was für Methoden es noch gäbe – und wenn, dann haben sie Hemmungen, sie auszuprobieren», sagt Hegner. Auf der anderen Seite hätten viele Anbieter solcher Methoden Angst oder Mühe, für sich zu werben. 

Eine Messe, viele Methoden
Gemeinsam mit ihrem Kollegen Paul Bischofberger möchte Hegner das ändern. Die beiden organisieren am kommenden Sonntag in Wil SG die «Tier-Vital-Messe», die vielleicht schweizweit erste Messe für Anbieter von alternativen Therapie-, Heil-, Trainings- und Ernährungsmethoden für Tiere. Drei Dutzend Aussteller werden die verschiedensten Methoden vorstellen: Von Tierspagyrik und Bioresonanz über Dorn- und Blutegeltherapie bis zu Tierkinesiologie und Tiershiatsu (siehe Box).

Während die Messe für Katzen oder Pferde kein geeigneter Ort ist, dürfen die Besucher ihren Hund durchaus mitnehmen. Denn am einen oder anderen Stand werden sogar Therapievorschläge gemacht. Er selber werde individuelle Bachblütenmischungen austesten und sie gleich an der Messe herstellen, sagt Paul Bischofberger. Wenn der Vierbeiner genug hat von dem Rummel, kann der Halter ihn bei einer Hundesitterin abgeben. «Wir setzen natürlich auf den gesunden Menschenverstand des Besitzers», sagt Daniela Hegner. «Wenn sich ein Hund schnell stressen lässt, sollte man ihn besser daheimlassen.»

Kurzfristig geht es den beiden darum, Tierhalter und Tiertherapeuten in einem ungezwungenen Rahmen zusammenzubringen. Längerfristig haben sie höhere Ziele. «Wir arbeiten darauf hin, dass sich die Schulmedizin mehr öffnet und mit alternativen Behandlungsmethoden zusammenarbeitet», sagt Bischofberger. Heute sei es oft ein Gegeneinander. «Dabei gibt es immer mehr Menschen und eben auch Tiere, denen die Schulmedizin alleine nicht mehr helfen kann.»

Heilen in der Matrix
Nicht gelten lassen Hegner und Bischofberger das Argument, die Schulmedizin setze Therapien ein, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen ist, bei den meisten komplementären Methoden hingegen fehle dieser Nachweis, was Scharlatanerie Tür und Tor öffne. Erstens, sagen sie, gebe es auch in der Schulmedizin eine ganze Menge Medikamente und Behandlungen, an deren Wirksamkeit man zweifeln könne. Und zweitens zeige ihre tägliche Arbeit, dass alternative Methoden sehr wohl heilen oder die Heilung unterstützen könnten. «Im Gegensatz zur Pharmaindustrie haben wir aber nicht die Millionen, um die Studien durchzuführen, die für den Wirksamkeitsnachweis gefordert werden», sagt Bischofberger. 

Für Hegner liegt der Vorteil vieler alternativer Methoden darin, dass sie stärker aufs Individuum eingehen. Wichtig sei, dass Tierhalter sich Gedanken machten, welche Therapie und welcher Therapeut ihnen zusagten. «Denn der Erfolg einer Therapie steht und fällt mit der Beziehung zwischen dem Behandler und dem Behandelten.»

Wie viele Komplementärtherapeuten setzen Hegner und Bischofberger mehrere Methoden ein. Er bietet unter anderem Tierkommunikationen, Bachblütentherapie, Quantenheilungen oder Neue Homöopathie an. Sie setzt neben der Klangschalen-Therapie vor allem auf Matrix-Quantenheilung. Es ist dies eine Methode, von der sogar Bischofberger selbst sagt, sie klinge etwas «esoterisch». Ihre Grundlage ist die Überzeugung, dass jeder Mensch, jedes Tier ein Energiefeld besitzt, eine sogenannte Matrix, in dem alle seine Informationen enthalten sind. 

In diese Matrix kann der Heiler Einfluss nehmen – gewisse Probleme erkennen und allenfalls aus dem Weg räumen. «Es ist wie Homöopathie ohne Kügeli, es wird nur die Information in das Feld gegeben», sagt Hegner. Einmal sei eine ältere Frau mit ihrem Hündchen zu ihr gekommen. Ihr Problem: War sie irgendwo auf Besuch, ging das eine Weile gut – doch dann pinkelte der Vierbeiner auf einen Teppich oder an ein Möbelstück. «Sie traute sich schon gar nicht mehr unter die Leute und drohte zu vereinsamen.» 

Die Matrixbehandlung habe dann aber gezeigt, dass die Ursache des Problems bei der Frau lag. «Ihr wurde es unter Leuten nach einer gewissen Zeit jeweils zu viel – aber sie getraute sich nicht zu gehen, sondern begann sich innerlich abzukapseln.» Der Hund habe dies gemerkt – und mit seiner Methode die Frau schlagartig ins Jetzt zurückgeholt.

Laut Hegner ist der Fall typisch: Viele Probleme von Haustieren hängen mit jenen ihrer Halter zusammen. «Das Tier zeigt auf seine Weise etwas an, was der Besitzer vielleicht gar nicht wahrnimmt.» Um solche Probleme zu lösen, ist eben eine ganzheitliche Herangehensweise nötig.