Die Landwirtschaft und der Wildtiertourismus sind in vielen Ländern der Welt wichtige Wirtschaftszweige. Dort, wo die beiden aufeinandertreffen, sind Konflikte vorprogrammiert. Betroffen sind hierbei zum Beispiel Regionen in der Nähe von Schutzgebieten, schreibt ein Forscherteam aus Australien und Botswana in einer Anfang August erschienenen Studie im Fachjournal «Nature Communications Biology».

Dazu gehörne zum Beispiel die Bauern am Rande des zum Unesco-Weltnaturerbe gehörenden Okavango-Deltas in Botswana, dem grössten Binnendelta der Welt. Saisonale Überschwemmungen verwandeln das Feuchtgebiet in ein Tierparadies, das seinesgleichen sucht. Flusspferde, Krokodile, Elefanten und Antilopen tummeln sich hier ebenso wie Löwen, Leoparden, Hyänen und Afrikanische Wildhunde.

Was den zahlungskräftigen Touristinnen in ihren Safari-Lodges gefällt, ist für die benachbarten Bauern aber ein Ärgernis. Sie hegen ein «beträchtliches und verständliches Mass an Anthipathie» gegenüber den Grossraubtieren, wie die Studienautoren es ausdrücken.

Die Forscher griffen darum zu einem Kniff aus dem Tierreich. Viele Insekten, darunter vor allem Schmetterlinge, tragen auf ihren Flügeln augenähnliche Flecken. Das soll ihre Feinde abschrecken und sie vor dem Gefressenwerden bewahren. Bei Säugetieren sei diese Methode nicht bekannt. Trotzdem kann es ja nichts schaden, sie auszuprobieren, dachten sich die Forschen und so malten sie Kühen aus 14 Herden von sechs bis hundert Tieren im Gebiet während vier Jahren Augen auf die Füdli. Weitere Kühe aus den Herden wurden mit zwei einfachen Kreuzen anstelle der Augen markiert, zur Kontrolle blieb eine dritte Gruppe unmarkiert.

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Kühe mit Augen von Löwen verschont

Die Resultate sprachen eine deutliche Sprache: Keine der insgesamt 683 Kühe mit aufgemalten Augen sei von Löwen oder Leoparden getötet worden. Von den 543 Kühen mit Kreuzen dagegen seien vier von Löwen getötet worden, bei den unmarkierten 835 Kontrollkühen waren es 15. 

Für die Forscher könnte es sich daher um eine effiziente, kostengünstige und für die Bauern einfach anwendbare Methode handeln, den Kühen die Löwen vom Leibe zu halten. Die Studie weist allerdings einige Defizite auf. So wurden zum einen aus logistischen Gründen nur während der Trockenzeit Kühe markiert. Was geschehen würde, wenn dies kontinuierlich geschähe, ist daher unbekannt. Die Löwen könnten sich daran gewöhnen und den Trick durchschauen. Mit jeweils ein paar Monaten Pause zwischen den Markierungen sei dieser Effekt der Habituierung aber nicht eingetreten, schreiben die Forscher.

Zum andern scheint die Methode vor allem gegen Löwen effektiv zu sein. Diese jagen aus dem Hinterhalt. Sie verstecken sich im hohen Gras und schleichen sich an. Wenn sie glauben, dass ihre Beute sie entdeckt hat, gehen sie nicht zum Angriff über, da dies ihre Erfolgchancen erheblich schmälert. Um neuartige, verdächtig scheinende Markierungen wie Kreuze scheinen die Löwen ebenfalls einen Bogen zu machen. Man weiss ja nie – und Energie zu verschwenden für eine Jagd, die aussichtslos scheint, lohnt sich für die Tiere in keinem Fall.

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Methode nützt nur gegen Löwen

Auch Leoparden verfolgen die Jagdstrategie aus dem Hinterhalt, mehr noch sogar als Löwen, die auch im Rudel jagen. Leoparden waren allerdings in der Studie nur für einen Angriff auf eine unmarkierte Kuh verantwortlich. So kann über sie keine verlässliche Aussage gemacht werden.

Andere Raubtiere dagegen wie Tüpfelhyänen sind Hetzjäger. Ihnen kann es daher egal sein, ob die Beute sie gesehen hat oder nicht. So sei denn auch im Experiment je eine Kuh aus jeder Gruppe von einer Tüpfelhyäne getötet worden – also auch solche mit aufgemalten Augen und Kreuzen. Obwohl auch hier die Datenlage zu dürftig ist, scheint die Methode also gegen Hyänen nichts zu nützen.

Trotzdem hat sie Potential, wie die Forscher finden, damit der Konflikt zwischen Bauern und Grossraubtieren für letztere nicht tödlich enden muss. Denn als Spitzenprädatoren halten Löwe, Leopard, Hyäne und Wildhund das Ökosystem gesund – wovon letzlich auch die Bauern profitieren.