Merinoschaf Chris trug so viel Wolle mit sich herum, dass es kaum mehr in der Lage war zu laufen. Es mit seinem dicken Fell in Lebensgefahr gewesen, berichtete der Sender ABC am Donnerstag unter Berufung auf Tierärzte. Offenbar hatte es sich durch jahrelange Wanderschaft der Schur entzogen. Einen Tag nach seiner Entdeckung wurde Chris am Donnerstag vom australischen Landesmeister im Scheren, Ian Elkins, von seinem Wollteppich befreit und stellte nebenbei wahrscheinlich einen neuen Weltrekord auf.

«Ich brauchte für die Schur 42 Minuten, was eindeutig viel Zeit ist, denn normalerweise brauche ich drei Minuten», sagte Elkins der Nachrichtenagentur AFP. Bevor der Meisterscherer ans Werk gehen konnte, erhielt Chris ein Beruhigungsmittel. Nach der Prozedur habe sich das Schaf «sehr erleichtert» gefühlt.

Wanderer hatten das freilaufende Merino-Schaf am Dienstag im Buschland Mulligan Flats nahe der Hauptstadt Canberra entdeckt und es Chris genannt. Durch seinen gigantischen Wollpelz war es nach Angaben der Tierschutzorganisation RSPCA vier- bis fünfmal grösser als seine gewöhnlichen Artgenossen. Die örtliche RSPCA-Leiterin Tammy Ven Dange schätzte, dass es seit mindestens fünf Jahren nicht mehr geschoren wurde. Auf die Gegenwart von Menschen reagierte es nervös.

Wahrscheinlich Weltrekord

Insgesamt 40,45 Kilo an verfilztem Vlies holte nun Elkins herunter. Gewöhnliche Merino-Schafe, die üblicherweise alle zwölf Monate geschoren werden, bringen gerade mal fünf Kilo Wolle auf die Waage. Chris hat damit mehr zu bieten als sein berühmter Schicksalsgenosse Shrek, der 2004 in Neuseeland nach sechs Jahren in der Wildnis von 27 Kilogramm Wolle befreit worden war – und auch mehr als der ebenfalls aus Neuseeland stammende Rekordhalter Big Ben, der im Januar 2014 28,9 Kilo ablieferte. RSPCA will sich nun beim Guinnessbuch der Rekorde um einen Eintrag bemühen.

Tierschützerin Ven Dange ist über die erfolgreiche Schur erleichtert. Nach ihren Angaben können die wegen ihrer feinen Wolle begehrten Merino-Schafe Gesundheitsbeschwerden entwickeln oder sogar sterben, wenn sie nicht regelmässig geschoren werden. Hochgefährlich für sie ist die Fliegenmadenkrankheit Myiasis, ein Befall mit Fliegenmaden, die sich auf der Suche nach tierischem Eiweiss tief in die Haut der Tiere bohren. Der Befall verläuft extrem schnell und endet oftmals, wenn er nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt wird, tödlich. Chris sei bereits mit ersten Maden befallen gewesen, sagte Ven Dange.

Nun mit einem Daunenmantel
Dennoch ist die Tierschützerin mit dem Zustand ihres Schützlings zufrieden. «Chris ist viel beweglicher, kann viel schneller aufstehen und frisst auch schon wieder», sagte sie AFP. Um das nun nackte Tier warm zu halten, wurde es in einen Daunenmantel gesteckt. Nach seiner Genesung soll das Schaf zur Adoption freigegeben werden. Sein wertvolles Vlies kommt nach Angaben Ven Danges höchstwahrscheinlich ins Museum.