Sursee, 17. Dezember, 15 Uhr: Ein Sattelschlepper entlädt beim Tierfutterhersteller UFA innert weniger Sekunden 25 Tonnen Soja – beobachtet von einem Dutzend Personen. Eine Handvoll Fotografen hält den Moment fest. Über 230'000 Tonnen Soja wurden in diesem Jahr bereits importiert. Warum also die Aufregung um 25 Tonnen?

Der Rummel hat mit der Herkunft der Soja zu tun. Diese wurde in Kroatien angebaut, in Ungarn zu Pellets verarbeitet und mit Bahn und Lastwagen in die Schweiz transportiert. Zwar wurde bereits bis anhin Soja aus dem Donau-Gebiet importiert. Was aber neu ist: Die UFA stellt Geflügelfutter her, das ausschliesslich Soja aus dieser Region enthält und entsprechend deklariert wird.

Donau-Soja ist teurer
Das hat seinen Grund: Coop will, dass Legehennen, deren Eier unter dem Naturafarm-Label verkauft werden, ab 2015 ausschliesslich mit europäischer Soja gefüttert werden. Im Jahr 2014 soll dies für die Produzenten noch freiwillig sein. Ziel sei es, dem Label Naturafarm einen zusätzlichen ökologischen Mehrwert zu verleihen, sagt Basil Mörikofer von Coop.

Doch mehr Nachhaltigkeit hat ihren Preis, denn Donau-Soja ist teurer als solche aus Brasilien. 100 kg Mischfutter würden sich um 3,50 Franken verteuern, rechnet Jakob Werder von der UFA vor. Coop werde den Produzenten, die im 2014 freiwillig europäische Soja verfüttern, die Mehrkosten abgelten, sagt Mörikofer. Die Konsumenten müssten nicht mehr bezahlen für die Eier. Ob die Eier im Jahr 2015 – wenn die Fütterung mit Donau-Soja Pflicht ist – im Verkaufsregal teurer werden, könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden.

Soja von hier statt von dort
Dass UFA und Coop auf Soja aus der Donau-Gebiet setzen, kommt nicht von ungefähr. In den Ländern Kroatien, Serbien, Ungarn und Rumänien soll der Anbau der Eiweisspflanze in den nächsten Jahren gefördert werden. Laut Schätzungen der Landwirtschaftskammer Oberösterreich kann die Soja Produktion im Donauraum mittelfristig auf rund vier Mio. Tonnen ausgeweitet werden. Das Bundesamt für Landwirtschaft unterstützt das Projekt, Mitglieder sind auch die UFA und Coop.

Die EU-Staaten haben das gleiche Problem wie die Schweiz: Sie produzieren viel zu wenig Eiweisse für die Nutztiermast. So können die EU-Länder den eigenen Soja-Bedarf gerade mal zu 2,6 Prozent selber decken. Dass diese Lücke dereinst dank dem verstärkten Soja-Anbau in der Donau-Region geschlossen werden kann, glaubt Hansjörg Reiss von der UFA nicht. «Man muss realistisch bleiben. Im besten Fall werden wir in Europa einen Selbstversorgungsgrad von fünf bis zehn Prozent erreichen.»

Schweiz von Brasilien abhängig
Heute kommt die Soja, die in den Futtertrögen der Schweizer Nutztiere landet, zum grossen Teil aus Brasilien. Die anderen grossen Produzenten – Argentinien und die USA – kommen als Lieferanten nicht in Fragen, weil dort beinahe ausschliesslich gentechnisch veränderte Soja angepflanzt wird. Der Anbau in Brasilien sorgte aber immer wieder für negative Schlagzeilen – wegen Abholzung von Regenwald oder zweifelhaften Arbeitsbedingungen.

Laut dem Soja Netzwerk Schweiz sollen bis 2014 90 Prozent der brasilianischen Soja aus umwelt- und sozialverträglicher Produktion stammen. Trotz Fortschritten bei der Nachhaltigkeit bleibt eine grosse Abhängigkeit bestehen. Das ist problematisch. Denn hapert es aber bei Versorgung aus Brasilien, entstehen plötzlich Engpässe. So geschehen in diesem Jahr, wo zunehmend auf Soja aus Indien ausgewichen werden musste.