In der linken Box eine Kette zum Spielen, in der rechten ein Feld mit dunkler Erde zum Wühlen. Wofür entscheidet sich das Ferkel? Was ist ihm so wichtig, dass es dafür bereit ist, einen Schalter zu betätigen? Und hat so ein Angebot im Stall Auswirkungen auf das tierische Wohlbefinden? Bei der Erforschung von Fragen des Tierwohls stehe man noch ganz am Anfang, sagt Professor Volker Stefanski, Verhaltensphysologe der Universität Hohenheim.

Lieber Wühlerde statt Spielzeug
Schweine endlich besser zu verstehen, das ist das Ziel etlicher Studien auf dem Versuchshof der Hochschule im schwäbischen Eningen. Mehr Platz? Vielleicht besseres Futter? Auslauf? Tageslicht? Viele Freunde? Spielzeug? Womöglich Musik? Viele Verbraucher wollen Schinken, Milch oder Eier am liebsten von glücklichen Tieren. Was aber ein Schwein braucht, um sich wohl zu fühlen, wird in der Regel aus sehr menschlicher Sicht betrachtet.

«Glücklich sein und nicht glücklich sein, das sind Emotionen. Und die lassen sich beim Tier nicht beurteilen», sagt Stefanski. Feststellen lasse sich aber, ob es Dinge gibt, die ein Tier besonders gerne mag. «Vieles spricht dafür, dass das solche Umweltbedingungen sind, die für das Tier auch Wohlergehen bedeutet.»

Den Ferkeln in den Boxen ist die Wühlerde übrigens wichtiger als die Metallkette oder ein Kanister als Spielzeug, wie Studentin Linda Wiesner berichtet. «Das ist eine erste Tendenz aus unseren Untersuchungen», erzählt die 25-Jährige. Der Drang zur Erde – und auch der Einsatz der Ferkel dafür – sei grösser als zur Kette.

Boxengrösse ist nicht unbedingt entscheidend
Zwei Ferkel sind in den Versuchsboxen. Eins orange, eins lila gekennzeichnet. Alles wird per Video dokumentiert. «Wir untersuchen nicht nur, ob die Tiere eine bestimmte Ressource nutzen, sondern auch, ob sie bereit sind, dafür etwas zu investieren», erklärt Stefanski. Getestet werde zudem, ob die Tiere besonderem Stress ausgesetzt sind, wenn ihnen eine Beschäftigung oder ein Spielzeug weggenommen wird. Ähnliches soll mit einem Auslauf nach draussen getestet werden. Im Stall nebenan haben Muttersauen die Wahl zwischen Faulenzen im Stroh, Duschen auf kühlem Betonboden oder Fressen.

Stresshormone können im Blut nachgewiesen werden. Blutabnahmen gelten aber als Tierversuch und sollen erst in einer nächsten Testphase eingebaut werden, wie die Experten erläutern. Auch Veränderungen in den Zellen des Immunsystems sind ein Indikator für ein Übermass an Stress, erklärt Stefanski. Besonderen Druck habe ein Schwein, wenn seine Gruppe unstrukturiert ist, neue Tiere oder gar neue Rivalen hinzukommen. Nicht nur eine Muttersau mag es, eine klare Position in einer Gruppe zu haben.

Schweine brauchen mehr Platz, könnte aus Sicht der Experten auch so eine allzu menschliche Forderung sein. «Es ist vielleicht nicht unbedingt die Grösse des Raumes, die da entscheidend ist», sagt Stefanski. Erste Erkenntnisse zeigten, dass Beschäftigung, Aufgaben lösen, Türen öffnen oder in der Erde wühlen, dem Schwein womöglich wichtiger ist, als fünf Quadratmeter mehr Platz.

Erfinder der Kuhbürste
Die Universität Hohenheim gilt als Erfinder der Kuhbürsten, die sich in ganz vielen Ställen finden. Auch die Gummi-Laufmatten für Kühe wurden hier entwickelt. «Die Kuh mag es einfach, weich zu laufen», beschreibt Agrartechnik-Professor Thomas Jungbluth eine Tierwohl-Erkenntnis früherer Tage.

Das nächste Produkt aus dem Hause Hohenheim ist ein Ohr-Chip, den der Landwirt zum Gesundheitsmonitoring über hunderte Schweine einsetzen soll. Per Chip soll nicht nur wie bisher die Futterausgabe geregelt werden, sondern auch festgestellt werden, wann und wie oft die Tiere fressen. Frisst ein Schwein plötzlich weniger, sei dies ein Signal an den Landwirt: «Auf die Sau muss ich besonders achten.»