In der Kleinwiederkäuer-Arena an der SuisseTier. Ruhe, schon fast andächtige Stille herrscht in der Schaf-Abteilung mit 17 verschiedenen Rassen. Die Skudden schlafen eng zusammengekuschelt. Auch Spiegelschafe und Texel linsen eher müde denn interessiert zu den Besuchern herüber. Ein Engadinerschaf aber stapft – in Erwartung eines Leckerlis – an den Holzzaun. Doch es gibt nichts. Also zieht es sich wieder zurück.

In der anderen Ecke, wo Lamas und Alpakas sowie acht einheimische und zwei importierte Ziegenrassen ihre Vielfalt zeigen, ist mehr los. Die Bündner Strahlenziegen wollen das Heu partout nicht mit den Nera Verzasca teilen. Immer wieder kommt es zu Rangeleien. Auch die Walliser Schwarzhalsgeissen lassen ihre Muskeln spielen. Hörner schlagen gegeneinander. Nicht nur die Kinder sind von diesem Schauspiel beeindruckt.

Rund 4900 Mitglieder
Die Schafe, Ziegen, Lamas und Alpakas sind offensichtlich alle gut im Schuss, sie sind gesund und kräftig. Bei Problemen steht ihnen der Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer (BGK) zu Diensten, der an der SuisseTier sein 20-Jahr-Jubiläum feierte. Entstanden ist der Dienst aus dem 1991 zur Bekämpfung der Viruskrankheit CAE gegründeten Ziegengesundheitsdienst (ZGD). 1998 signalisierten der Schweizerische Schafzuchtverband, der ebenfalls einen eigenen Gesundheitsdienst unterhielt, die Hirschhalter und die Milchschafzuchtgenossenschaft ihr Interesse an einer gemeinsamen Anlaufstelle.

Dann ging es schnell: Im Februar 1999 hob der Bund die ZGD-Verordnung auf. An ihre Stelle trat die neue Verordnung in Kraft, die die Erweiterung des Dienstes auf andere Kleinwiederkäuer besiegelte. Der BGK startete mit den Sektionen Ziegen, Schafe, Milchschafe und Hirsche. 2005 traten die Lama- und Alpakahalter als Sektion Neuweltkameliden bei. Die Verordnung habe die Basis für die finanzielle Unterstützung des BGK gelegt, sagt Raymond Miserez, seit 2011 BGK-Geschäftsführer. Das Geld komme vom Bund, allen Kantonen und den gut 4900 Tierhaltern, die direkt Mitglied beim BGK seien. Als Gegenleistung haben die Schaf-, Ziegen-, Hirsch- und Neuweltkamelidenbesitzer das Recht auf Beratung, meist per Telefon oder E-Mail. Wenn sich in einem Betrieb die Probleme häufen oder immer wieder dieselben auftreten, dann beraten die Fachmitarbeiter – vier Tierärztinnen, drei Tierärzte und eine Agronomin – der Geschäftsstelle auch vor Ort.

Immer zuerst Beratung
Dabei geht es laut dem Tierarzt Miserez um die Bestandesbetreuung: gesundheitliche Probleme, allgemeine Mängel in der Haltung oder Fütterungsfragen. «Das Thema Fütterung ist für viele Halter eine Herausforderung. Da müssen wir mehr beraten und informieren.» Über Zusammensetzung und Menge des Futters etwa: «Eine falsche Fütterung kann zum Beispiel dazu führen, dass Muttertiere zu wenig Milch geben.»

Gerufen werden BGK-Fachleute in den allermeisten Fällen von den Tierhaltern, manchmal auch vom für den Betrieb zuständigen Tierarzt. «Jeder Fall ist ein Zusammenspiel von Halter, Tierarzt und BGK.» Der BGK schaue bei einem Betriebsbesuch nach den Tieren, schicke allfällige Proben zum Beispiel für die Untersuchung auf Innere Parasiten ins Parasitologie-Labor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL, informiere den Halter über die Resultate und berate ihn über die sinnvolle Behandlung der Tiere. «Bei einer Gesundheits- oder Seuchenproblematik nehmen wir zudem Kontakt zum Bestandestierarzt und wenn nötig zum kantonalen Veterinäramt auf.»

Eine Weisungsbefugnis über das weitere Vorgehen indes habe der BGK nicht. Auch bei Vergehen gegen Tierschutzbestimmungen berate man zuerst. «Ist ein Besitzer aber resistent gegen unsere Verbesserungsvorschläge, melden wir ihn dem Kanton», erklärt Miserez und betont, dass der BGK eben nicht ein Kontrollorgan sei, sondern ein Beratungsdienst.

Die Moderhinke bei Ziegen und Schafen (Video: BLV):

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Daneben sieht der Geschäftsführer den BGK als zentrale Aus- und Weiterbildungsstelle für Tierhalter und Veterinäre und als allgemeines Kompetenzzentrum für kleine Wiederkäuer: «Wir wollen unser Wissen weitergeben, auch an die Kantone.» Ein Kanton könne beispielsweise in der Seuchenbekämpfung alles selber verwalten oder Teile an den BGK abgeben. «Wir sind bereit.»

Sanierung der Moderhinke
Massgeblich beteiligt war der Dienst bei der Ausrottung der CAE. Seit einem Jahr gilt die Schweiz als offiziell frei von diesem Ziegenvirus. Miserez nennt dies einen der Höhepunkte in der BGK-Geschichte: «Es ist ein schönes Resultat, wenn man bedenkt, was die Halter auf sich genommen haben.» So mussten sie alle infizierten Muttertiere und deren Nachkommen schlachten lassen.

Willi Hager aus Schalunen BE wurde bei seiner Schafherde die Moderhinke ohne Antibiotika wieder los (Video: BLV):

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Die CAE-Bekämpfung war Pflicht für alle Geissenbesitzer. Derzeit laufen für BGK-Mitglieder freiwillige Programme wie die Sanierung der Moderhinke bei Schafen und Milchschafen. Tiere, die an dieser bakteriellen Klauenkrankheit leiden, hinken und knien beim Grasen hin. Auch hier wird nicht das einzelne Schaf behandelt, sondern die ganze Herde. Dabei werden die Klauen geschnitten oder mit Wundsprays und Bädern behandelt.

Beim Parasiten-Überwachungsprogramm, kurz PÜP, schliesslich arbeitet der BGK mit dem FiBL zusammen. Innere Parasiten, vor allem in Magen und Darm, seien eine weitere grosse Herausforderung, weiss Tierarzt Miserez, da immer mehr Würmer resistent gegen die Medikamente sind. «Es gibt Geis­senherden, bei denen nur noch ein einziges Entwurmungsmittel wirkt.»

www.kleinwiederkäuer.ch