Heute wird in der Schweiz rund ein Drittel mehr Ziegenmilch produziert als vor 15 Jahren. 2016 wurde dabei so viel Ziegenkäse hergestellt wie noch nie. Die Produktion von reinem Ziegenkäse hat sich in dieser Zeitspanne fast verdoppelt. Der Preis, den die Produzenten für den Liter Milch erhalten, ist im Gegensatz zu Kuhmilch hoch – etwa Fr. 1.40 im Gegensatz zu 50 Rappen bei der Kuhmilch – und die Nachfrage ist zurzeit grösser als das Angebot.

Damit einher geht eine starke Zunahme des Ziegenbestandes in der Schweiz. «Mehr Ziegen haben vor allem die Romandie und der Kanton Jura zu verzeichnen. Dort kommen auch grössere Betriebe mit über 400 Ziegen vor», sagt Ursula Herren, Geschäftsführerin beim Schweizerischen Ziegenzuchtverband (SZZV). Der Grund dafür ist vermutlich der Einfluss des nahe gelegenen Frankreichs, wo mehr Ziegenkäse konsumiert wird als in der Schweiz. Am meisten Ziegen werden jedoch in den Kantonen Bern, Tessin, Graubünden, St. Gallen und Wallis gehalten. Ursula Herren zeigt sich sehr erfreut über die Tatsache, dass auch die Anzahl von Herdebuchtieren zugenommen hat. In Bezug auf den vergleichsweise hohen Milchpreis gibt sie zu bedenken, dass jeder Ziegenmilchproduktion eine Geburt vorangeht, diese «Gitzi» jedoch fast ausschliesslich an Ostern vermarktet werden können. Diese Kosten müssen derzeit jeweils von den Einnahmen abgezogen werden. 

Was die Entwicklung bei den Ziegenrassen angeht, ist vor allem bei der Gämsfarbigen Gebirgsziege eine starke Zunahme zu verzeichnen. Im Juni 2016 waren 8074 Tiere im Herdebuch eingetragen. Damit ist sie seit zehn Jahren die am häufigsten gehaltene Rasse in der Schweiz. Vorher war die Saanenziege viele Jahre lang die Spitzenreiterin. Parallel dazu gibt es einen Trend hin zur Muttertierhaltung – ähnlich wie beim Rind. Vor allem die aus Afrika stammende Burenziege ist für diese Haltungsart sehr beliebt. 

Ziegen als Betreuungshilfe
Auch auf dem Gutsbetrieb Plankis der Hosang’schen Stiftung in Chur hat man sich vor einigen Jahren bewusst für Gämsfarbige Gebirgsziegen entschieden. Vor dem Bau des grosszügigen Ziegen-Freilaufstalles 2014 und einer zugehörigen Sennerei wurden auf dem 30 Hektaren grossen Betrieb immer mehrere Tierarten wie Schweine, Kaninchen und Hühner gehalten. Dann hat man sich entschieden – nebst Kühen und Legehennen – auf eine einzige Tierart zu setzen. Die Gründe dafür waren zum einen die wachsende Nachfrage nach Ziegenmilchprodukten, zum anderen die spezielle Voraussetzung des Betriebs Plankis. Er bietet als einer der wenigen Betriebe in der Schweiz behinderten Menschen geschützte Arbeitsplätze.

Der Leiter des Gutsbetriebs, Hanueli Salis, hat deshalb nach einer Tierart gesucht, die für die 23 Klienten sicher im Handling ist. «Ziegen sind einfacher im Umgang als Schafe, zudem gab es zum Zeitpunkt der Entscheidung noch fast keine Milchschafe in der Schweiz», sagt er. Der Umgang mit den Ziegen sei weniger gefährlich als mit Kühen und ermögliche es den Bewohnern selbstständig und produktiv mitzuarbeiten. «Wir haben zum Beispiel einige Klienten, die aus körperlichen Gründen nicht auf dem Feld arbeiten können. Diese sind gerne im Stall im Einsatz und kümmern sich dort mit viel Herzblut um die Tiere», sagt Salis. Sie helfen vor allem beim Ausmisten des Stalls und bei der Fütterung. Dank eines automatischen Futterbandes ist die Fütterung einfach in der Handhabung. Gefüttert werden die Ziegen silofrei mit Heu, Emd, Maiswürfeln und Luzerne. 

Ziegen sind ruhige Tiere, die Kontakt zu den Menschen suchen. «Das hat für die Klienten einen hohen Effekt für die Betreuung», sagt Salis. Er selber ist mit Ziegen aufgewachsen und weiss die speziellen Eigenschaften dieser Tiere sehr zu schätzen. Auch Familien aus der Stadt kommen häufig auf Besuch zu den mittlerweile etwa 110 Milchziegen. Häufig finden sie die Ziegen auf den Weiden rund um den Betrieb. Schon bald wird eine Unterführung der Kantonsstrasse fertiggestellt, sodass die Tiere auch auf der anderen Stras­senseite Weideflächen erkunden können.