Das nomadische Volk der Skythen war eine der ersten Kulturen, die auf Pferden ritt und vom Pferderücken aus mit dem Bogen schoss. Das Reitervolk lebte in der Eisenzeit etwa vom neunten bis ersten Jahrhundert v. Chr. in den zentralasiatischen Steppen. Offenbar zähmten und nutzten sie die Tiere nicht nur, sondern züchteten sie auch, wie ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Universität Bern nun im Fachblatt «Science» berichtet.

Die Forschenden analysierten die DNA aus Pferdeknochen, die aus skythischen Königsgräbern in der Mongolei und Kasachstan stammten. Anhand der Überreste von 13 Hengsten, die vor etwa 2300 bis 2700 Jahren lebten, konnten die Forschenden so feststellen, welche Eigenschaften die Skythen bei ihren Pferden bevorzugten.

Kräftige Vorderbeine
Insgesamt identifizierte das Forscherteam 121 Gene, welche die Skythen bei der Zucht offenbar selektionierten. Die meisten davon stehen mit der Entwicklung der Vorderbeine in Verbindung, die Skythen achteten somit auf eine robuste Statur. Auch zeigte sich, dass die skythischen Hengste vielfältige Fellfarben hatten, darunter Schwarz, Braun, Fuchs, Palomino und Schecke.

Ausserdem stiessen die Forschenden auf eine Genvariante, die bei heutigen Rennpferden mit der Sprint-Leistung zusammenhängt. Neben Ausdauer war somit wohl auch Schnelligkeit auf kurzer Strecke für die skythischen Pferdezüchter wichtig.

Passgang kam erst später
Den Hengsten fehlte allerdings eine Genmutation für den Passgang, bei dem jeweils nur die Hufe einer Seite den Boden berühren, die Beine der jeweils anderen Seite aber in der Luft sind. Die skythischen Pferde waren somit keine natürlichen Passgänger. Gemäss einer Studie deutscher Forschender aus dem Jahr 2016 ist die für den Passgang wichtige Genmutation wohl auch erst deutlich später entstanden: Der bisher früheste Nachweis gelang bei Pferden aus dem 9. Jahrhundert n. Chr in England.

Für die nun vorgestellte Studie hatten die Wissenschaftler die alten Gensequenzen ausserdem mit dem Erbgut heutiger Pferde verglichen, unter anderem mit 30 Schweizer Freibergern. «Der Vergleich der alten und modernen Gensequenzen zeigt, dass Merkmale wie die Fellfarbe schon viel früher in der Zucht eine Rolle spielten als ursprünglich angenommen», erklärte Studienautor Tosso Leeb von der Universität Bern gemäss der Mitteilung.

Genetische Vielfalt ging verloren
Ausserdem waren die damaligen Pferde genetisch noch deutlich vielfältiger als die heutigen, berichten die Forschenden. Das Erbgut der heutigen Pferde wurde hauptsächlich in den letzten 2300 Jahren geprägt, schlussfolgern sie. «Heute tragen nahezu alle domestizierten Pferde dieselben, oder sehr ähnliche Y-Chromosom-Haplotypen, sind also fast alle miteinander verwandt», sagte Leeb.

Als der Mensch vor über 5000 Jahren begann, Pferde zu zähmen, gab es noch zahlreiche Abstammungslinien von Hengsten. Auch bei den skythischen Pferden zeigte sich noch eine grosse Vielfalt und kein Anzeichen für Inzucht wie bei heutigen domestizierten Vertretern. Die Skythen betrieben demnach noch keine starke Linienzucht, sondern erhielten natürliche Herdenstrukturen.

Mit dem Verlust an Vielfalt nahmen zudem krankmachender Genmutationen zu: «Durch die zunehmende Zucht in geschlossenen Populationen und der damit einhergehenden Inzucht konnten sich einige krankheitsverursachende Mutationen anreichern und traten in der geschrumpften Population somit gehäuft auf», so Leeb.