In den USA und in Kanada ist der Truthahn das traditionelle Festmahl an Thanksgiving und immer öfters auch an Weihnachten. Und was in amerikanischen Familien schon längst Tradition hat, wissen immer öfters auch Schweizer Familien zu schätzen. Andi Schmal, Geschäftsleiter der Frifag Märwil beobachtet einen klaren Trend: In den vergangenen zehn Jahren habe sich der Absatz vor dem Thanksgiving Day verzehnfacht. Doch die zunehmenden Mengen müssen mit ausländischen Truten abgedeckt werden, da in der Schweiz nur ungefär zehn Prozent des gesamten Trutenbedarfs produziert werden.

Regional produziertes Trutenfleisch ist gefragt
Als vor sieben Jahren die Migros die inländische Trutenproduktion einstellte und ihren 52 Trutenmästern den Vertrag kündigte, übernahm die Firma Frifag im thurgauischen Märwil einen Grossteil der Produzenten. Viel früher hatte bereits Bell, die für Coop produzierte, die Trutenproduktion eingestellt. «Heute sind 21 Trutenbetriebe bei uns unter Vertrag», sagt Schmal. Sechs Betriebe liegen in der Ostschweiz und 15 in der Westschweiz. Die Regionalität hat einen zentralen Stellenwert. So werde der Ostschweizer Anteil auch vorwiegend unter dem Label «Aus der Region für die Region» der Migros Ostschweiz und über die Regionalmarke Culinarum in Metzgereien verkauft, sagt Schmal.

Trutenfleisch ist mit zwei Prozent der Gesamtverarbeitung der Frifag ein Nischenprodukt. «Da wir aber mittlerweile den Grossteil der Schweizer Truten produzieren und verarbeiten, ist es für uns natürlich eine sehr wichtige strategische Nische, die wir exklusiv bearbeiten und uns optimal positionieren können», erklärt Schmal. Seit Jahren bemüht sich Frifag um mehr Produzenten, weil die Nachfrage nach Trutenfleisch zunimmt.

90 Prozent der ausländischen Truten kommen aus Ungarn, Frankreich und Brasilien. Als erster Detailhändler bietet die Migros seit November 2013 Trutenbrustfleisch, produziert nach Schweizer Tierschutz Vorgaben aus Ungarn, an, sagt Migros-Mediensprecherin Martina Bosshard. Diese neuen Ställe entsprechen dem Schweizer BTS-Standard für besonders tierfreundliche Stallhaltung, sie übertreffen also die Mindestanforderungen der eidgenössischen Tierschutzgesetzgebung. Der Schweizer Tierschutz habe die Migros bei diesem Projekt begleitet, erklärt Bosshard weiter.

Kleinere Betriebe, höherer Preis
Ganze Truthähne für den Festtagsverkauf hingegen stammen nur zu einem Drittel aus der neuen Produktion in Ungarn, die restlichen Truten werden in Frankreich aus konventioneller Produktion bezogen. Inländisch produziertes Trutenfleisch kostet im Vergleich dazu rund 30 Prozent mehr.

Der Preisunterschied habe seine Gründe, sagt Peter Röthlisberger, Präsident der Schweizer Geflügelproduzenten (SGP): «In der Schweiz werden die Truten in bäuerlichen Familienbetrieben unter wesentlich tierfreundlicheren Bedingungen aufgezogen, als das im Ausland der Fall ist.» So dürfen in einem Schweizer Stall maximal 4500 Truten gehalten werden, die meisten Produzenten halten zwischen 1500 und 2000 Tiere.

Sicheres Einkommen
Ein Inlandanteil von 55 Prozent, wie dies bei der Pouletproduktion der Fall ist, können bei den Truten wahrscheinlich nie erreicht werden, vermutet Peter Röthlisberger. Für die Landwirte sei die Trutenmast aber eine sichere Einkommensquelle, die sich auf jeden Fall lohne, sagt Röthlisberger, der selber für die Frifag Truten mästet. Er schätzt den planbaren Zeitaufwand, den man mit den Tieren hat. Zudem sei die Zusammenarbeit zwischen dem Produzenten und dem Abnehmer vertraglich geregelt und daher finanziell besser abgesichert als beim Milch- und Rindfleischmarkt.

Als Grund, weshalb sich nicht mehr Landwirte zur Trutenproduktion entschliessen, sieht Röthlisberger die hohen Investitionskosten für neue Produktionshallen. Alte Ställe sind häufig zu klein für eine einfache Umnutzung und müssen für viel Geld umgebaut werden. So koste eine neue Produktionshalle schnell gegen 600‘000 Franken, bei einem geheizten Stall seien die Kosten noch höher. Zudem erschwerten die heutige Raumplanung und langwierige Bewilligungsverfahren den Entscheid, auf Truten umzustellen, erklärt Röthlisberger weiter. Häufig müssten sich Trutenzüchter zudem mit Einsprachen wegen Geruch und Lärm herumschlagen. Das Verständnis der heutigen Landbevölkerung sei oft kleiner ist als noch vor einigen Jahren.