Beim Grasen auf der Weide fressen Tiere nicht nur Pflanzenhalme. Erde, Staub und Sand landen ebenfalls im Mund und können die Zähne abreiben. Pferde und Zebras haben deshalb sehr lange Zähne, um den Abrieb auszugleichen. Warum Wiederkäuer, die mit dem gleichen Problem konfrontiert sind, mit viel kürzeren Zähnen auskommen, war lange unklar.

Dieses Rätsel hat ein Forschungsteam um Jean-Michel Hatt von der Universität Zürich ergründet, wie die Hochschule am Montag mitteilte. Im Fachblatt «Mammalian Biology» beschreiben Hatt und Kollegen, dass die Wiederkäuer ein Spülsystem im Magen besitzen, welches die Nahrung vor dem zweiten Kauen von den zahnschädigenden Partikeln befreit.      

Wiederkäuer besitzen ein Verdauungssystem mit mehreren Mägen: Pansen, Netz-, Blätter und Labmagen. Bakterien helfen darin bei der Verdauung des Pflanzenmaterials. Dabei wird die Nahrung von Flüssigkeit umspült und nach Grösse sortiert: Was noch zu gross ist, wird mit Magensaft umspült und zum erneuten Kauen hochgewürgt.

Staub und Sand sinken nach unten
Hatt und sein Team beobachteten mithilfe von Computertomografien bei Ziegen, dass sich mitgefressener Sand an bestimmten Stellen im Magen-Darm-Trakt sammelte, wie die Uni Zürich schrieb. «Wir konnten zeigen, dass im oberen Pansen – wo das Material zum Wiederkäuen wieder hochgewürgt wird – deutlich weniger Sand enthalten war als im aufgenommenen Futter selbst», erklärte Hatt gemäss der Mitteilung.  

Der Sand sinkt demnach im Pansen nach unten, sammelt sich im Labmagen, passiert den Darm und wird mit dem Kot ausgeschieden. «Organismen, die ein derartiges Spülsystem entwickeln, werden das abgewaschene Material problemlos auf natürliche Art wieder los», so Hatt.  

Der Befund liefert auch die Erklärung, warum Wiederkäuer beim ersten Kauen die Nahrung viel weniger gründlich zerkleinern als beim erneuten Kauen des hochgewürgten Materials, hiess es weiter. Gemäss Hatt sei die Erkenntnis ein weiteres Puzzlestück, das den evolutionären Erfolg des Modells «Wiederkäuer» erkläre.