Daniel Maag hat schon viel ausprobiert, seit er vor 20 Jahren den Hof Wiesengrund von seinem Vater übernommen hat. «Wir hatten mal Strausse, doch die Bedingungen wurden immer schwieriger. Also haben wir damit aufgehört.» Auch gab er die Schweinezucht, die der Vater noch betrieben hatte, auf und baute den Stall zu einem Event­raum um, in dem Hochzeiten oder Firmenfeste stattfinden. Schliesslich erhielten die Kühe – die Familie züchtete schon immer Rinder – einen Laufstall. Die Solarzellen auf dem Dach liefern Strom für 80 Haushalte. Der lichtdurchflutete Holzbau ist allerdings nur im Winter das Zuhause der Tiere. Von März bis Oktober, wenn sie im Freien leben, wachsen hier Granatäpfel, Feigen und Mandeln. Dann ist der Stall auch ein Gewächshaus.

Der Zucht auf Hochleistung überdrüssig, stellte der Biobauer vor sieben Jahren auf muttergebundene Kälberhaltung um. «Meine Idee war, Kühe zu haben, die man melken kann und die auch Fleisch geben.» So besitzt er einerseits 20 Rinder, die den Sommer auf der Alp verbringen und die als Fleischlieferanten für die eigene Gastronomie dienen. In Oberglatt ZH leben andererseits 30 Mutterkühe, gleich viele Kälber und der Muni. Die Kälber bleiben zwei, drei Wochen bei ihren Müttern. Danach nimmt Maag jeweils eine Mutter als Ammenkuh mit drei Kälbern zusammen, bis sie keine Milch mehr brauchen.

Daniel Maag erklärt das Prinzip der Fünf-Sterne-Milch (Video: Agridea):

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Die anderen Mutterkühe werden gemelkt – und dafür tuckert Maag mit dem am Traktor angehängten Melkstand zweimal täglich zur Weide. Vier Kühe haben Platz in dem altertümlich anmutenden Metallgefährt. «Ich locke sie mit etwas Futter an, sie gehen in ihre Abteile rein, ich mache hinten zu, hänge die Melkmaschinen an, wenn sie fertig sind, mache ich vorne das Tor auf und die Kühe gehen raus. Die Milch fliesst automatisch in einen Tank am Ende des Gefährts», beschreibt der 42-Jährige den eine Stunde dauernden Vorgang. In der Schweiz mag Maag damit ein Exot sein. In Belgien dagegen, wo er das System vor vier Jahren kaufte, «hat das jeder».

Innovativi Puure
Das beim Zürcher Kompetenz-zentrum für Land- und Ernährungswirtschaft Strickhof angesiedelte Projekt «Innovativi Puure» richtet sich an Bäuerinnen und Bauern, die sich unternehmerisch weiter-entwickeln möchten. Die Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie der Businessplankurs stehen auch Landwirtinnen und Landwirten ausserhalb des Kantons Zürich offen.

Die Unterstützung mittels Coaching- und Projektbeiträge dagegen richtet sich ausschliesslich an Leiterinnen und Leiter anerkannter Landwirtschaftsbetriebe im Kanton, wie Andreas Rüsch, Leiter Fachstellen & Dienstleistungen des Strickhofs, erklärt. Seit dem Start im Jahr 2017 unterstützte «Innovativi Puure» 20 Betriebe bei der Weiterentwicklung ihrer Ideen mit einem Coachingbeitrag von 2000 Franken. Beim Puureprojekt gibt es als Startförderung 10'000 Franken. Davon profitierten bisher sieben Betriebe, darunter Daniel Maags Hof Wiesengrund.

www.innovativipuure.ch

Dass er mit dem Melkstand zu den Tieren fährt, beeinflusst die Atmosphäre in der Herde. «Es gibt keine Hektik, kein Hin und Her zwischen Stall und Weide, kein Anbinden im Stall», umreisst der Landwirt seine Erfahrung, «und die Kühe sind zahm, sie laufen mir durchs ganze Dorf hinterher nach Hause.» Auf den Geschmack der Milch habe das Melken auf der Weide aber keinen Einfluss: «Das Futter macht es aus.» Maags Kühe fressen ausschliesslich Gras, Heu und Silage.

Milch mit fünf Sternen
«Wir haben die ökologischste Milch in ganz Europa», sagt Maag selbstbewusst. Sein System sei nicht spektakulär, sondern das logischste. Die natürlichste Milch zu produzieren, nennt er «das Einfachste», diese zu einem fairen Preis zu vermarkten dagegen «das Schwierigste». Weil ihm aber nicht nur Nachhaltigkeit wichtig ist, sondern auch Wirtschaftlichkeit, nahm er an einem Businessplan-Kurs für Bauern teil.

Das Melkmobil in Aktion (Video: Bauern Zeitung):

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Dieser ist Teil des Projekts «Innovativi Puure», das Landwirte dabei unterstützt, ihre eigenen, speziellen Ideen zu planen und umzusetzen (siehe Box). So wollte er seine Milch ursprünglich selber vermarkten. «Doch beim Kurs wurde klar, dass alles selber zu machen einen Aufwand bedeutet, der sich nicht rechnet.» Nach dem Kurs bekam Maag ein «Puu-recoaching» gesprochen, aus dem der Name «5-Sterne-Milch» entstand. Je ein Stern für die Punkte, die die Milch seiner Kühe auszeichnen: Melken auf der Weide, Kälber bei den Müttern, ausschliesslich Zeugung durch Natursprung, keine Antibiotika, kein Kraftfutter. Dies am liebsten zu einem Preis von einem Franken pro Liter.

Derzeit geht die Milch als Bioware in den Grosshandel. Wenn es der Alltag zulässt, ist Maag dabei, einen Teil seines Hofes in einen Hofladen und in eine Käserei umzubauen. Dort soll aus der 5-Sterne-Milch dereinst Käse hergestellt werden. Noch weiss er nicht, wohin der Weg führt. «Mein Traum ist, etwas anzubieten, das es nur bei mir gibt.» Zumindest sein Melkmobil ist hierzulande einzigartig.

www.hof-wiesengrund.ch