Als Biologe und Buchautor Heinz Staffelbach vor ein paar Jahren seinen Wanderführer für die Schweiz schrieb, ahnte er noch nicht, dass er einmal so vielen Leuten damit einmal wichtige Impulse geben könnte. Corona war noch weit weg, und die damit einhergehenden Reisebeschränkungen fürs Ausland.

Diese sind nun Realität geworden. Das treibt viele Einheimische in die Bergregionen. Dort freut man sich über grosse Umsätze – und klagt gleichzeitig an manchen Orten über Dichtestress und Littering. Ballungen gibt es vor allem an Orten, die bekannt sind.

Staffelbachs Zusammenstellung der «Urlandschaften der Schweiz» zeigt nun auch andere Gegenden auf, entlegene und teils weitgehend unberührte. 

Rücksicht auf die Natur
Die Ambivalenz dieser Zusammenstellung ist dem Autor bewusst. Der Wanderer kann hässliche Spuren hinterlassen, schreibt er im Vorwort. Von «Autos, die heulend die Passstrasse hochjagen, um oben beim Hospiz ihre Insassen an die frische Luft zu entlassen», ist die Rede. Einen Spiegel hält er gewissen Touristen auch vor, wenn er über die «Abfallspezialisten» schreibt, die ihre Bierflasche in der nächsten Felsspalte versenken, «in der Hoffnung, sie werde sich dort ins nichts auflösen».

In der Hoffnung, die Leserschaft seines Wanderführers möge sich die Ermahnungen zu Herzen nehmen, stellt er danach Gebiete vor, in denen sich die Schönheit der Natur offenbart. Die erste Station sind Calfeisental und Pizol, im Innern des Rheinknies bei Chur gelegen.

Wie zu jeder Region gibt Staffelbach auch hier Tipps zur Wanderroute und empfiehlt, die Blicke auch nach links du rechts zu richten, etwa auf geologische Besonderheiten entlang des Weges. Diese beschreibt der Biologe und bringt den Wandersleuten die wichtigsten Natur-Phänomene und Begriffe der jeweiligen Region näher. Dazu gibt es teils atemberaubende Naturfotos und in einem Kästchen zusätzliche Informationen über Mensch und Umwelt, Ökologie und Landschaft.

Hilfreicher Service-Teil
Jedes Kapitel enthält zudem Informationen zu Anreise, Hütten und Berggasthäuser sowie Camping. Dass neben den Adressen auch gleich die Telefonnummern mitgeliefert werden, ist ein nützlicher Service. Mehr denn je: Wer zurzeit mit dem Gedanken spielt, in einer der Regionen zu übernachten, tut gut daran, sich vorab über freie Kapazitäten zu erkundigen. Er mag nicht der einzige sein, den es an die Ausflugspunkte zieht. Noch empfehlenswerter ist es, vor Antritt der Wanderung abzuklären, ob die Lokalitäten überhaupt offen sind.  

Staffelbachs Schilderungen und Beschreibungen helfen überdies abzuschätzen, ob man der jeweiligen Route hinsichtlich Kondition und Ausdauer gewachsen ist. Denn so schön und unberührt etwa die Natur im Gebiet Avers und Septimer im äussersten Südwesten Graubündens ist: Trittsicher sollte man schon sein, wenn man sich in solchen Gebieten bewegt. In der aktuellen Lage, in der es viele Ungeübte in die Höhe zieht, kommt es auch immer wieder zu brenzligen Situationen, weil einige ihre Kräfte überschätzen.

Aus diesem Grunde macht es Sinn, die rund 20 Routenvorschläge vor der Wanderung in aller Ruhe durchzulesen und erst danach den passenden Ausflug zu planen. Und selbst wer keine Zeit oder Musse hat, eine der Routen in Angriff zu nehmen, wird der Lektüre viel abgewinnen können. Denn die Beschreibungen der Natur, der Tier- und Pflanzenwelt sowie einem gelegentlichen Blick auf Menschen und Bräuche sind eine spannende Bestandesaufnahme der Schweiz, in die man sich auch gut zuhause vertiefen kann. Einer Schweiz notabene, die man so nicht alle Tage erlebt.  

[IMG 2]

«Urlandschaften der Schweiz»
atverlag/pro natura
©2017
ISBN 978-03800-083-9
Gebunden, 288 Seiten
ca. 25 Franken