Vogelgezwitscher von allen Seiten, echtes Gehölz und eine durchgehend grüne Dekoration: Kaum betritt der Besucher den Ausstellungsraum im Dachgeschoss des Naturhistorischen Museums  Freiburg (NHMF), wähnt er sich in einem richtigen Wald. Ein Film auf einem riesigen Bildschirm verstärkt diesen Eindruck. Er zeigt die Wälder Chinas, Japans und Koreas.

Doch was haben diese stimmungsvollen Impressionen mit der Schweiz zu tun? Eine Menge, wie sich bald herausstellt. Vor Millionen von Jahren sahen unsere Wälder nämlich genauso aus. Infolge der Klimaveränderungen starben aber viele Bäume und Sträucher aus, die in Ostasien immer noch ein fester Bestandteil der Flora sind. Schnell wird klar, dass Bäume Zeugen der Vergangenheit sind. Ihre Entwicklung wurde von erdgeschichtlichen Grossereignissen wie der Bildung von Gebirgen, Veränderungen des Klimas oder Schwankungen des Meeresspiegels beeinflusst.

Plädoyer für den Schutz von Bäumen
«Bäume prägen seit Jahrtausenden die spirituelle und materielle Existenz menschlicher Gesellschaften und haben auch in der von Technik dominierten Gegenwart ihre Bedeutsamkeit behalten», sagt Emanuel Gerber, der Kurator von «Bäume erinnern sich». Den Anstoss zu der Ausstellung gab ein internationales Forschungsprojekt von Gregor Kozlowski, Konservator Botanik des NHMF. Dieses führte zu einem Kontakt mit dem Botanischen Institut der Nationalen Akademie der Wissenschaften Aserbaidschans. Kein Wunder, spielt die Natur des ehemaligen Sowjetstaates in der Ausstellung eine grosse Rolle.

Im Zentrum stehen die Reliktbäume des Hyrkanischen Waldes im Talysh-Gebirge von Aserbaidschan. «Unser Ziel ist es, beim breiten Publikum für dieses global bedeutende Ökosystem zu werben», erklärt Gerber. Mit 95 Baum-, 110 Strauch- sowie mehr als tausend weiteren höheren Pflanzen bietet der Hyrkanische Wald eine beispiellos hohe Biodiversität. «Wir wollen auf die Schutzbedürftigkeit dieser Naturmonumente aufmerksam machen», sagt der stellvertetende Direktor des NHMF. Die Ausstellung stellt einige der Hyrkanischen Bäume vor, zum Beispiel die Kaspische Gleditschie. Ihre Blüten sind eingeschlechtlich und sitzen getrennt auf jeweils weiblichen oder männlichen Bäumen.

Weitere Themenschwerpunkte bilden die Landschaften der Nordosttürkei und der Kanarischen Inseln. Dank dem Nebeneinander trockener und feuchter sowie verschieden exponierte Lagen weisen die Kanaren charakteristische Vegetationsstufen auf. Das Spektrum reicht von Sukkulentenbusch über Busch-, Lorbeer-, Baumheide- und Kiefernwald bis zur Flora der Gebirgsstufe. Rund ein Drittel der 2200 auf den Kanaren wachsenden Gefässpflanzen kommt nur hier vor. Es handelt sich entweder um Reliktarten, die ausschliesslich auf den Inseln des östlichen Zentralatlantiks überlebt haben, oder um vor Ort neu entstandene Arten.

Stimmiger Gesamteindruck
Wer sein Wissen nicht nur über weit entfernte Bäume und Pflanzen erweitern möchte, ist im NHMF ebenfalls richtig. Heimische Bäume wie Tannen, Zedern, Fichten und Kiefern finden hier auch ihren Platz.

Neben Fotos, Videos und diversen thematischen Karten zeigt die Ausstellung zudem exklusiv 34 Baum- und Strauchporträts, welche die wissenschaftliche Illustratorin Martina Löwy aus Winterthur gezeichnet hat. Sie runden den stimmigen Gesamteindruck ab. Beim Verlassen des Museums verspürt man dann grosse Lust, Bäume und Pflanzen «live» zu erkunden. Praktischerweise liegt der Botanische Garten der Stadt Freiburg gleich um die Ecke.

Die Ausstellung «Bäume erinnern sich» ist täglich von 14 bis 18 Uhr geöffnet und läuft bis zum 31. Januar 2016. Wer das Thema Holz mit allen Sinnen erleben möchte, kommt im Rahmen des Begleitprogramms mit Exkursionen, Führungen und Konzerten auf seine Kosten. Mehr Informationen unter www.fr.ch/mhn.