Drei Familien, eine Region und viel Herzblut. Mehr braucht es für den Dokumentarfilm «Jura. Enraciné à leur terre» («Jura. Tief in ihrem Land verwurzelt») nicht. Da ist zunächst der Biobauernhof von Paul Sautebin. Gegen jede Vernunft entschied sich der frühere Uhrmacher, sein Handwerk aufzugeben, um sich mit Leib und Seele der Landwirtschaft zu verschreiben. «Eigentlich braucht man dafür eine Kostenanalyse, die einem vorrechnet, wie viele Quadratmeter und wie viele Tiere man braucht, um rentabel zu sein», sagt Sautebin. Doch das machen er und seine Frau Isabelle nicht mit. Drei Kühe, sechs Ziegen, sechs Schafe sowie ein paar Hühner und Schweine müssen reichen, finden sie. «Wir kommen gut damit zurecht», sagt Sautebin.

Das gilt auch für das Ehepaar Willemin-Gerber. Sie produzieren in Lajoux die Milch für den berühmten «Tête de Moine»-Käse. Dabei setzen die beiden auf einen festen Tagesablauf. «Zuerst verteilen wir frisches Stroh, dann holen wir die Tiere in den Stall und erst dann gibt es Frühstück», berichtet Clément Willemin mit einem zufriedenen Lächeln und einer Heugabel in der Hand.

Weniger heiter geht es zu, als die Kamera auf Walter Hofstetter schwenkt. Der Imker erzählt von seiner harten Kindheit, als er unfreiwillig von seinen Eltern getrennt wurde, um auf einem fremden Bauernhof zu arbeiten. «Ein normaler Vorgang, wenn Familien zu viele Kinder hatten», sagt Hofstetter nüchtern. «Wer sich geweigert hat, wurde von der Polizei abgeholt. Davor konnten einen selbst die eigenen Eltern nicht bewahren.» Mit seinen Bienen hat der betagte Mann sein Glück doch noch gefunden. Reich ist er damit allerdings nicht geworden. Denn eines haben Hofstetter, Sautebin und Willemin-Gerber gemeinsam. Sie kommen nur dank Subventionen finanziell über die Runden. Und diese hängen von den Parlamentariern in Bern ab.

Bauernhofidylle vs. Marktwirtschaft
«Die Situation ist so, dass in der Schweiz heute jeden Tag zwei bis drei Bauern in den Konkurs gehen», sagt der Regisseur Daniel Künzi und wirft sogleich die Frage auf, ob es «hier in zwanzig Jahren überhaupt noch Bauern geben wird».

Der Dokumentarfilm wählt eine ähnliche Stossrichtung, wie zuletzt «Bauer unser», der die Situation der Landwirtschaft in der Europäischen Union kritisch unter die Lupe nimmt («Tierwelt» 19/2017). Nur dieses Mal aus der Sicht einer kleinen Region, des Juras. Künzi wagt dabei den Spagat zwischen romantischer Bauernhofidylle und harter Marktwirschaft. 

Als Zuschauer erfreut man sich einerseits an der erfrischenden Natürlichkeit der Pro­ta­gonisten, die manchmal schon an Naivität grenzt. Etwa, wenn Isabelle Sautebin stolz per Hand ihren Federkohl erntet und mit fester Stimme verkündet, dass sie keine Maschinen mag. «Ganz gleich, ob für die Landwirtschaft oder fürs Melken.» Auf der anderen Seite stimmt es nachdenklich, wenn man von Christine Gerber erfährt, dass ihr Milchpreis um 2,5 Rappen pro Liter gesenkt wurde und sie zusätzlich noch 10,5 Rappen pro Liter Milch für das Marketing des «Tête de Moine» draufzahlen muss.

So bringt es die herrliche Winterlandschaft des Juras, die immer wieder zu sehen ist, auf den Punkt: Die unberührte Schicht Schnee verbirgt eine harte Realität. Eine Realität, die der Konsument auf der Suche nach den günstigsten Produkten meistens nicht sieht.  

«Jura. Enraciné à leur terre», Dokumentarfilm, 78 Minuten, Studio: Société Productions Maison, ab sofort in ausgewählten Schweizer Kinos.

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