Saccharomyces cerevisiae, so poetisch erklingt der lateinische Name einer Zutat, die in kleinen Beuteln oder in Würfelform in kaum einer Küche fehlt: Die Backhefe. Ihr Name bedeutet «Zuckerpilz des Bieres». Und da sind wir auch schon in der zweiten wichtigen Verwendungsform der Backhefe neben der Brot-Herstellung: Die Bierbrauerei.

Seit Tausenden von Jahren verwendet der Mensch Hefe, um Wasser, Getreide und Hopfen (oder früher eine Kräutermischung namens «Grut») zu einem wohlschmeckenden Getränk zu verwandeln. Während das Trinkwasser damals kaum seinen Namen verdiente, hatte Bier die Vorteile, dass es weitgehend keimfrei war, einen hohen Kalorienanteil hatte und zudem relativ lange haltbar war. Die Haltbarkeit ist der Hefe zu verdanken, einem Einzeller, der sich in der Natur hauptsächlich auf der Oberfläche von Trauben und Getreide bildet.

«Terroir» dank Hefepilzen
Die Hefe sorgt während der sogenannten Gärung zusammen mit dem Zucker im Getreide für die Entstehung von Kohlenstoffdioxid und Ethanol, sprich: Kohlensäure und Alkohol. Erstere lässt das Bier so schön zischen und die Krone, das hübsche Schäumchen, entstehen, letzterer verpasst dem Biertrinker bald einmal einen Schwips.

Doch die Rolle der Hefe geht laut belgischen Forschern über die simple Herstellung von Gas und Alkohol hinaus. Hefezellen, so schreibt das Forscherteam vom VIB-Forschungslabor in Leuven, produzieren verschiedenste Aromanoten, die den Geschmack des Endprodukts definieren. So sei etwa für das «Terroir» eines Weins, also den ganz typischen Geschmack eines Tropfens aus einer bestimmten Anbauregion weniger die Bodenzusammensetzung zuständig, sondern die dort vorherrschende Art von Hefepilzen.

Was die Forscher um Kevin Verstrepen nun herausfinden wollten, ist der Grund, wieso die Hefezellen diese unterschiedlichen chemischen «Geschmäcker» produzieren. Eins war ihnen klar: Sie tun es nicht, es dem Menschen schmeckt.

Darum schmeckt das Weissbier nach Banane
Offensichtlich will die Hefe aber tatsächlich jemandem schmecken. Und zwar den Fruchtfliegen. In einer disziplinübergreifenden Studie haben die Forscher herausgefunden, dass die fruchtigen Geschmacksnoten, die von den Hefezellen abgesondert werden, äusserst anziehend für Fruchtfliegen sind.

Ähnlich wie Blumen, die schmackhafte Pollen für Bestäuber herstellen und dadurch von den Insekten in der Natur weiterverbreitet werden, sind die Fruchtfliegen für den Transport der Hefezellen zuständig. Und damit die Fliegen der Hefe ihren Dienst erweisen, sorgen die Einzeller dafür, dass sie möglichst gut «riechen».

Ester heissen die chemischen Verbindungen, die zuständig für den fruchtigen Geschmack der Hefe sind – sie geben nicht nur Wein und Bier, sondern auch Äpfeln, Erdbeeren & Co. ihre individuelle Note. Kein Wunder also, lesen Weinkenner aus ihrem Burgunder eine Erdbeernote heraus. Kein Wunder auch, schmeckt das Weissbier ein wenig nach Banane. Und kein Wunder, fahren die Fruchtfliegen darauf ab.

Wenn Ihnen beim nächsten Feierabendbier nun eine Fruchtfliege ins Glas fällt, lassen Sie das Fluchen bleiben. Vielmehr sollten Sie sich bei der ertrinkenden Fliege bedanken, denn ohne sie würde jedes Bier etwa gleich schmecken. Retten Sie das Tierchen vielleicht sogar, erzählen Sie ihren Kumpeln die Geschichte, die Sie nun gelernt haben und stossen Sie auf die Fruchtfliege, den «Zuckerpilz des Bieres» und auf die Ester an. Prost!