Es geht gleich symbolträchtig los. Kaum betritt der Besucher in Zürich den Ausstellungsraum des Museums für Gestaltung, erhebt sich eine riesige Arche wie ein Berg vor ihm. Auf dem stilisierten Schiff sind Präparate einheimischer Tiere wie Wolf, Dachs, Wildschwein und Eule zu sehen. Im Zeitalter des Artensterbens drängt sich die Frage auf, welche Tierarten das Recht auf Rettung haben und welche der Ausrottung preisgegeben werden sollten.

Da es kaum möglich ist, eine befriedigende Antwort darauf zu finden, wandert der Blick Richtung Bullaugen. Dahinter befinden sich hölzerne Tiere des Schweizer Spielzeugdesigners Antonio Vitali und Zootiere aus den Resten von Luxus-Lederwaren. Auch hier ist der Interpretationsspielraum gross. Sollen diese Darstellungen an begrenzte Zoogehege erinnern? «Der Mensch definiert die Bewegungsfreiheit und dementsprechend auch die Aufgaben der Tiere», sagt die Kuratorin Sabine Flaschberger. «Er untermauert so seine Machtposition im Gefüge der Koexistenz von Mensch und Tier.»

Das gilt auch und gerade für den Umgang mit Nutztieren. War es früher ganz normal, sich fleischlastig zu ernähren, entbrennen heute am Esstisch Diskussionen über Klimaschädlichkeit und Veganismus. Passend dazu wird unter dem Titel «Ach, Nutztiere» ein aufgeschlitztes Schwein in einer nachempfundenen Metzgerei präsentiert. Daneben steht ein Kühlschrank, prall gefüllt mit Fleischprodukten. Umrahmt wird er von Werbeplakaten mit Slogans wie «Gesund und gut mit Butter» oder «Milch gibt Kraft und Ruhe». Sie machen deutlich, wie fest das Tier als Nahrungsquelle in unserer Kultur verankert ist.

Rund 600 Ausstellungsobjekte
Ebenso selbstverständlich tragen immer noch viele Menschen tierische Produkte am Körper. Denn obwohl die Kritik und Proteste zunehmen, ist die Mode ohne Kaschmir, Seide und Leder für eine Mehrheit unvorstellbar. Haute-Couture-Modelle von namhaften Designern zelebrieren im Museum die Schönheit edler Naturmaterialien. Gleichzeitig macht eine Sammlung der Zürcher Hochschule der Künste vegane Alternativen greifbar, indem man Schubladen öffnen und die verschiedenen Materialien fühlend miteinander vergleichen kann.

Die Rolle des Tieres in Wohnräumen ist ein weiterer Themenschwerpunkt der Ausstellung. So greift Ernst Ludwig Kirchners Chaiselonguedecke das Motiv des Alpaufzugs mit einem bemalten Bauernbett auf, während die idealisierte Fauna auf Jugendstilvasen verewigt ist. Und zwei Schaukelschnecken scheinen darauf zu warten, mit kindlicher Energie bewegt zu werden. Sie sind allerdings nur zum Ansehen gedacht.

Kinder ab sieben Jahren kommen dafür bei einem Parcours auf ihre Kosten. Ein Fragebogen zum Ausfüllen dient als Wegbegleiter, um sich selbstständig mit den rund 600 gezeigten Objekten oder zumindest einem Teil davon auseinanderzusetzen. Das sollten, wenn auch mit einer anderen Herangehensweise, unbedingt auch erwachsene Besucher tun. Denn «Énergie Animale» bietet neben den zahlreichen, sehenswerten Ausstellungsgegenständen und Videopräsentationen jede Menge Denkanstösse zum Stellenwert von Tieren.

Die Ausstellung läuft bis zum 7. Juni.
www.museum-gestaltung.ch