Einst war der Kormoran in Deutschland fast ausgerottet. 1979 wurde er aber in der EU unter Schutz gestellt, seither erholen sich die Bestände. Das erregt die Gemüter der Angler und Berufsfischer, die ihn als Konkurrenten wahrnehmen und ihn ihm den Schuldigen für den Rückgang von Fischen wie Äschen und Bachforellen sehen. Naturschützer sehen das anders. Der Kormoran fresse vor allem ökonomisch unbedeutende Weissfische, sagen sie. Für den Rückgang der Fischbestände seien andere Faktoren verantwortlich, zum Beispiel der Rückgang des Phosphorgehalts in den Seen dank Kläranlagen oder der Klimawandel, der vor allem den sensiblen Äschen zu schaffen macht. So kam es im Hitzesommer 2018 im Rhein in den Kantonen Thurgau, Zürich und Schaffhausen zu einem grossen Äschensterben. 90 Prozent der Fische verendeten in dem zu warmen Wasser («Tierwelt Online» berichtete).    

Vor diesem Hintergrund startete Rainer Nahrendorf seine Recherche. Der pensionierte Chefredaktor des deutschen «Handelsblatts» und jetzige Buchautor versuchte, im Kormoran-Konflikt zwischen beiden Seiten zu vermitteln und zeichnet in seinem neuen Buch «Der Kormorankrieg» die gegenwärtige Situation auf.    

Und diese scheint auf beiden Seiten ziemlich festgefahren zu sein. Wie Nahrendorf sagt, sei er auf sehr viel Widerstand gestossen. Weder die Naturschutz-, noch die Anglerverbände hätten mit ihm reden wollen und auch die Mehrheit der Landesministieren für Umwelt hätte es vorgezogen, dem Autor nicht zu antworten um Konflikten aus dem Weg zu gehen. «Die Verbände leben alle von der Pflege eines Feindbildes», sagt Nahrendorf.    

In dem mit vielen Zahlen gespickten Buch geht der von deutschen Medien bereits als «Kormoran-Retter» bezeichnete Nahrendorf der Frage auf den Grund, ob ein europaweites Kormoran-Management möglich sei. Es werden Konferenzen und runde Tische zusammengefasst, Management-Pläne verschiedener Länder verglichen – und der Schluss gefasst, dass ein EU-weites Management, obwohl auch vom EU-Parlament angestrebt, derzeit wohl ein Wunschtraum bleibt. Zu verschieden sind die Herangehensweisen verschiedener Länder – die Niederlanden gibt es beispielsweise gar keine Kormoranjagd, in den meisten andern Ländern ist sie unter gewissen Bedingungen erlaubt – und zu weit auseinander gehen die Interessen der verschiedenen beteiligten Parteien. Die Fronten sind verhärtet.

Vorbildliche Schweizer
Lobend erwähnt Nahrendorf den seit 2005 geltenden Schweizer Management-Plan, bei dem unter gewissen Bedingungen an kleineren Seen und Fliessgewässern Abschüsse bewilligt werden, während die Kormorane an grossen Seen und in Flussauen geschont werden. Dies geschehe zum Schutz der Fische in Fliessgewässern und solle dazu dienen, die Kormorane an ebendiesen zu vergrämen. Die Zürcher Fischerei- und Jagdverwaltung zeigte sich ausserdem gesprächsbereit und hätte «innerhalb weniger Tage geantwortet».    

Nahrendorf lässt als Angler und Ornithologe auch seine persönliche Meinung ins Buch miteinfliessen und plädiert für die Förderung von nichttödlichen Massnahmen und lokale Friedensschlüsse. Den eher technischen lockern multimediale Inhalte auf, die man mittels QR-Code-Leser auf dem Smartphone abrufen kann. So bietet das Buch erstmal einen interessanten und umfassenden Überblick über eine Situation, über es bis anhin Informationen nur von verschiedenen lokalen Quellen gab. 

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Rainer Nahrendorf: Der Kormorankrieg – 
Warum die Waffen nicht schweigen
1. Auflage 2019 
Taschenbuch, 120 Seiten 
Verlag: Tedition, ca. 20 Franken 
ISBN: 978-3-7482-4440-0