Spätestens als wir vom asphaltierten Strässchen auf den mit Schlaglöchern übersäten Feldweg abbiegen, wird klar, weshalb Gölä im Geländewagen unterwegs ist und nicht im tiefergelegten Cabrio. Der Mundartrocker, der mit bürgerlichem Namen Marco Pfeuti heisst, hat sich im Berner Oberland einen Rückzugsort geschaffen. Einen, den nur findet, wer weiss, wo suchen. 

Das Wäldchen, durch das der Holperpfad führt, lichtet sich und gibt den Blick frei auf ein grosses Bauernhaus mit herrlicher Aussicht auf den Thunersee weit unten. Gölä öffnet das Zaungatter und wird stürmisch von Dude und Skyla begrüsst, den beiden Hunden. Hinter ihnen streckt uns schon Göläs Frau die Hand entgegen. «D Heidlä», stellt sie sich vor. Hier duzt man sich, auch Gölä besteht auf dem Du. Aus dem Hauseingang lugen – noch schüchtern – die Mädchen Leslie und Nikki ums Eck.

Das alte, dunkle Holz des Bauernhauses zeigt, was schon da war, als die Familie vor sechs Jahren hier eingezogen ist. Die Holzbauten rund ums Haus hingegen sind allesamt hell. Der «Büetzer» war fleissig, hat ein Vorplätzchen betoniert, darauf eine Laube gestellt, hat das Haus an die nahe gelegene Quelle angeschlossen, Solarpanels installiert, die Strom liefern. Und er hat den Ziegen einen Unterstand gebaut.

Gölä, vor fünf Jahren stand auf der «Tierwelt»-Titelseite «Gölä will einen Bauernhof». Hast du jetzt, was du wolltest?
Nein, noch lange nicht. Wir haben erst ein paar Geissen. Da fehlen noch Hühner, Kaninchen und ... (er schaut Frau Heidi an) ... was willst du noch alles? Ponys? (sie nickt) Ihr nehmt euch Zeit. Ja, du kannst ja nichts «verjufle». Jetzt haben wir zuerst einmal geschaut, dass wir hier oben leben können. Hier war ja vorher nichts.

Wie sah es denn aus hier?
Alles war grün. Ein Strässchen hat hierhergeführt, das Haus war hier. Aber sonst nichts.

Und du hast alles hier selber gebaut?
Ja, mehr oder weniger. Ganz alles kann ich nicht selber. Ich kann nicht «stromern» oder «sanitären».

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Den neun Ziegen hat Gölä schon einmal ein hübsches Zuhause eingerichtet. Als er ihr Reich betritt, verstecken sich ein paar der Tiere im Unterstand, drei, vier stehen auf dem Dach des kleinen Häuschens am Hang und blicken neugierig auf den Fünf-Millimeter-Irokesenschnitt des Sängers hinunter. Ein junger Bock begrüsst Gölä besonders stürmisch, steigt auf die Hinterbeine und lässt sich über den behörnten Kopf fahren. «Das ist Uelä. Der ist wie ein Hund», sagt der 49-Jährige grinsend. Nun haben auch Leslie und Nikki ihre Scheu abgelegt und jagen den Ziegen hinterher.

Ein guter Spielplatz für die Mädchen.
Ja ja, die sind wie die Geissen. Die kommen mit ihren Prinzessinnenkleidern und liegen damit in den Mist (lacht).

Und du, schaust du auch zu den Ziegen?
Nein, Mutti ist mit Geissen aufgewachsen (er meint damit Heidi). Sie ist hier die Bäuerin. 

Welche Tiere willst du denn für dich?
Keine. Ich will einfach bauen. Wenn ich nichts mehr zu bauen habe hier, verkaufe ich das Haus und gehe woanders weiterbauen.

Wie lange hast du noch zu tun hier?
Das geht bestimmt noch ewig. Das Land hier ist nass, das muss ich noch alles drainagieren. Und einen richtigen Ziegenstall will ich auch noch bauen.

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Und einen Hühnerstall. Und einen Kaninchenstall. Gölä zeigt mit den Händen an, wo er diese aufstellen möchte, während er zurück zur Terrasse schlendert. Die Sonne beginnt zu brennen. Grund genug für ihn, sein tarnfarbenes Trägershirt auszuziehen und sich mit blos-sem, aber volltätowiertem Oberkörper auf die Bank vor dem Haus zu setzen. Gölä hat noch viel zu tun, aber er kommt momentan zu nichts. Musik macht er schliesslich auch noch. In einer Woche erscheint seine neue CD. «Urchig» heisst sie und besteht aus den grössten Hits des Mundartsängers, begleitet von diversen Jodlerchören. Ein Auftritt im Schweizer Fernsehen hat ihn auf die Idee gebracht.

Gölä und Jodlerin Kathrin Burch singen «Indianer» (Video: SRF):

[EXT 1]

Vom Rocker zum Jodler. Wie kam das?
Ich durfte in der Sendung «Happy Day» auftreten und eins meiner neuen Lieder singen. Aber zusätzlich musste ich mit jemandem ein Starduett machen.

Mit der Jodlerin Kathrin Burch.
Ja. Eigentlich sollte sie nur mit mir singen. Da hatte ich nicht so Lust drauf. Aber als ich bei ihr in der Innerschweiz war, dachte ich mir, wieso jodeln wir nicht einfach mit ihren «Giele»? Das fanden die geil und das Fernsehen auch.

Die Neuauflage von «Indianer» kam gut an.
Ja, das lief im Fernsehen und ging ab durch die Decke. Mein neues Lied hat gar niemanden mehr interessiert.

Hat dich das genervt?
Nein, überhaupt nicht. Alle haben nur von diesem «Indianer» geredet, da hab ich mir gedacht, wenn die Leute das wollen, gib es ihnen doch!

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Urchig
CDs zu gewinnen
Göläs neues Album «Urchig» erscheint am 25. August. Die «Tierwelt» verlost 3 signierte Exemplare der CD, plus Making-of-DVD. Rufen Sie am Montag, 28. August um 10 Uhr unter der Nummer 062 745 94 87 an, um zu gewinnen. Viel Glück!

Aus einem Lied wurde eine ganze CD. Gölä und sein Team haben Jodlerclubs gesucht, geschaut, welche Lieder sich zum Jodeln eignen und welche zu welchem Chor passen. 

Während der Sänger erzählt, wie seine CD entstanden ist, tischt Heidi Brot, Aufschnitt und Konfitüre auf. Als sie Ziegenkäse bringt, rümpft Gölä die Nase. «Den kannst du selber essen.» Stattdessen haut er mit den Fingerknöcheln auf ein gekochtes Ei und schält es. Die Mädchen wollen auch eins. «Aber dann esst ihr es auch, nicht einfach kaputtmachen!»

In deinem letzten Gespräch mit der «Tierwelt» hast du gesagt: «Ich muss immer wieder die alten Hits bringen, die gehen mir langsam auf den Sack.» 
Ja, da stehe ich voll dazu. Logisch gehen dir deine Songs auf den Sack, wenn du sie zwanzig Jahre lang spielst.

Jetzt hast du aber genau die wieder ausgepackt für eine neue CD. 
Das ist so, aber jetzt finde ich sie wieder interessant, weil sie anders daherkommen. Es hat mich auch überrascht, dass mich die alten Lieder wieder so gepackt haben. Es war, als würde ich sie wieder zum ersten Mal hören.

Hörst du auch sonst gerne Jodel?
Ja, im Radio läuft immer wieder Jodel. Aber ich hätte mir noch nie selber eine Jodel-CD gekauft. Mutti kennt das viel besser (er reckt sein Kinn in Heidis Richtung und grinst). Die ist das urchige Tanti da.

Und selber, hast du das Jodeln auch ausprobiert?
Ja, aber ich kann das nicht. Das ist gar nicht so einfach, wie man meint. Alle haben ihren ganz eigenen Stil. Da kommt keine Sau draus.

Auf der CD hören wir also keinen jodelnden Gölä?
Nein, ich singe ganz normal und jodle nicht. Das wäre auch nicht der Sinn der Sache. Ich arbeite immer mit Leuten, die Dinge können, die ich nicht kann. In meiner Band ist jeder so gut an seinem Instrument, wie ich es nie sein werde. Der Jodel ist wie ein neues Instrument in meiner Band. Einfach mit Stimmen.