M anchem dürfte folgendes Phänomen bekannt sein: Jeden Tag begrüsst einen die Katze bereits am Fenster neben der Haustür, obwohl man zu unregelmässigen Zeiten nach Hause kommt und als Fussgänger keine verräterischen Geräusche erzeugt hat. Laut dem Biochemiker und Bestsellerautor Rupert Sheldrake haben Studien bewiesen, dass sensible Haustiere wie Hunde und Katzen die Ankunft von ihren Lieblingsmenschen spüren, wenn diese acht Kilometer entfernt sind. Die einzige Erklärung dafür seien telepathische Fähigkeiten.

Daran glaubt Maycol Errani zwar nicht, dafür aber an das Kommunizieren mit Tieren, wie er in einer Trainingslektion demonstriert. Immer wieder redet er seinem schwarzen Hengst gut zu. Und dieser folgt ihm wie ein Hund. «Das Wichtigste ist dabei der Respekt und die Liebe zum Vierbeiner. Sonst habe ich keine Chance, mit meinen Pferden zu arbeiten», sagt der Schwiegersohn und Schüler von Fredy Knie junior. Sein Mentor setzt ebenfalls auf gegenseitiges Vertrauen, warnt aber davor, Tiere zu vermenschlichen, da diese nicht wie Menschen denken würden. 

Einen anderen Ansatz verfolgt der britische Tierkommunikator James French, der sich auf die Behandlung traumatisierter Pferde spezialisiert hat. Für ihn sind Worte nicht so wichtig, um Tiere zu erreichen. «Entscheidend ist menschliche Präsenz. Sie ist wie eine Pumpe, mit der alle Furcht losgelassen werden kann», erklärt French. Denn das Miteinander zwischen Mensch und Tier sei nicht nur die Basis einer Beziehung, sondern auch die Basis der Kommunikation. Dass er diese perfekt beherrscht, zeigt sich beim Anblick von scheuen Pferden, die ihren Kopf sogar in den Schoss von French legen, ohne dass dieser eine einzige Silbe verliert.

Erstaunliche Beispiele
Die Dokumentation «Being with Animals» der Schweizer Regisseurin Salome Pitschen stellt das Wirken mehrerer sogenannter Tierflüsterer vor. Diese zeigen vor laufender Kamera, dass sie von Tieren Antworten in Form von Bildern, Emotionen, Empfindungen oder einem klaren Wissen empfangen. Auf das Thema ist Pitschen vor rund zehn Jahren aufmerksam geworden, als eine Landwirtin ihr erzählte, dass eine Tierkommunikatorin Kontakt zu ihrer Kuh aufgenommen habe, weil sie keine Milch mehr gab. Das Tier habe empfindlich auf ein Problem innerhalb der Bauernfamilie reagiert. Nachdem der Konflikt bereinigt war, gab die Kuh wieder Milch.

Vergleichbare Fälle gibt es im Werk von Salome Pitschen zuhauf. Besonders eindrücklich ist die Geschichte ihrer Hündin Bina, die sich immer wieder übergab und andere Hunde aggressiv anbellte. Die Ursachen für dieses Verhalten fand die Amerikanierin Maia Kincaid heraus, indem sie mit Bina per Videokonferenz «redete». Das mag esoterisch anmuten, doch die gezeigten Beispiele versetzen den Zuschauer ein ums andere Mal ins Staunen. Genau wie die Regisseurin, die immer wieder vorkommt und nicht fassen kann, dass Maia Kincaid Dinge von ihrem Hund erfuhr, die sie eigentlich nicht wissen kann.

Darin liegt die Stärke des Films. Er drängt einem keine übernatürlichen Methoden auf, sondern berichtet sachlich von tatsächlichen Erfahrungen, die für sich sprechen. Wer sie gesehen hat, kann entscheiden, ob es wirklich möglich ist, sich mit Tieren auszutauschen oder ein paar Ratschläge beherzigen und es selbst versuchen. Denn laut James French hat jeder Mensch die Gabe, mit Tieren zu sprechen.

«Being with Animals», Dokumentarfilm, 91 Minuten, Verleih: Mythenfilm, ab sofort in ausgewählten Kinos.

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