Auf den ersten Blick sieht es aus, als wären Dutzende Mandelblättchen im Sand verstreut. Bei genauerem Hinsehen bemerkt der Betrachter, dass es sich um eine Schlange handelt. Die Zwergpuffotter schlängelt sich in den Sand hinein und verschmilzt mit selbigem. «Eine Sekunde später werden nur noch Augen und Schwanzspitze sichtbar sein», schreibt der Fotograf Thomas Dressler. Er hatte das Tier am Hang einer Düne in der Namib im südwestafrikanischen Staat Namibia entdeckt. Nasenlöcher und Augen liegen bei der Viper oben auf dem Kopf und nicht an der Seite, wie das bei vielen Schlangen üblich ist. Dadurch kann sie fast komplett im Sand untertauchen und trotzdem sehen und atmen.

Szenenwechsel. Die Morgensonne taucht einen Schwarzwasserfluss im Four Holes Swamp in South Carolina in ein sanftes Licht. Zwei Reptilien scheinen die besondere Stimmung in vollen Zügen zu geniessen. Die eigentlich scheue Gelbbauch-Schmuckschildkröte sogar so sehr, dass sie bereit ist, einen Zypressenstamm mit einem Fressfeind zu teilen, nämlich einem Mississippi-Alligator. Dieser wäre in der Lage, den Panzer der erwachsenen Schmuckschildkröte zu knacken. Offenbar hat der Alligator an diesem Morgen aber schon gefrühstückt, sodass ein gemeinsames Sonnenbad möglich ist. Sehr zur Freude des Fotografen Mac Stone, der das friedliche Nebeneinander festgehalten hat.

Der Titel hält, was er verspricht
Die pure Harmonie herrscht auch zwischen zwei Giraffen im kenianischen Samburu-Nationalreservat. Zärtlich schmiegt ein erwachsenes Tier seinen Kopf an ein Kalb. Dabei handelt es sich nicht etwa um die Mutter, wie der Urheber des Schnappschusses, Karl Ammann, erzählt, sondern um eine Tante. Sie heisst das Junge in der Herde willkommen. Die Mutter ist derweil auf Nahrungssuche gegangen. Welch ein Glück, wenn man sich auf eine funktionierende Familiengemeinschaft verlassen kann!

Der Bildband «Einfach phänomenal» verspricht mit seinem Titel nicht zu viel. Er zeigt in 70 grossformatigen Aufnahmen Tiere in aussergewöhnlichen Momenten. Dass die Qualität dabei durchweg auf sehr hohem Niveau ist, verwundert nicht. Schliesslich hatten mehr als 50 preisgekrönte Naturfotografen buchstäblich ihre Finger im Spiel, indem sie zum richtigen Zeitpunkt die Auslöser ihrer Kameras betätigten. Das Tüpfelchen auf dem i sind die Begleittexte zu den Fotografien. Sie erzählen Geschichten zur Entstehung der jeweiligen Bilder und stellen die abgelichteten Tiere näher vor. So kann es passieren, dass man die Porträts noch einmal ganz genau betrachtet – und mit anderen Augen sieht.

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Natural History Museum (Hrsg.): Einfach phänomenal;
Darwins illustrierte Reise um die Welt
1. Auflage 2019 
Gebunden, 128 Seiten 
Verlag: Knesebeck, ca. 42 Franken 
ISBN: 978-3-95728-240-8