Garfield frisst Kanarienvögel. Er haart gezielt im Kleiderschrank seines Meisters. Er stösst immer wieder den einfältigen Hund Odie vom Tisch. Er zerschmettert Blumentöpfe, zerfetzt Vorhänge, zerdrückt Spinnen. Man müsste ihn hassen.

Und doch lieben wir den übergewichtigen Kater. Seit 35 Jahren tritt er täglich in den Medien auf, über 2500 Zeitungen drucken die Comicstrips, gemäss Angaben des Verlags hat er mehr als 200 Millionen Leser. Damit ist er die berühmteste Katze der Welt.

Katzenhaft verhält sich Garfield allerdings nur dann, wenn es sich mit seinen Lebenszielen – hauptsächlich fressen und faulenzen – vereinbaren lässt. Sein Jagdtrieb endet beispielsweise bei den Mäusen. Garfield ist zu träg, um sie zu verfolgen, und so hat er sich mit ihnen angfreundet. Dass sein Meister von ihm erwartet, der Mäuseplage ein Ende zu setzen, motiviert ihn kein bisschen.

Die Frau des Zeichners litt unter Katzenallergie
Bleibt die Frage, wieso wir den selbstverliebten und oft fiesen Kater mögen. Nun, Zeichner Jim Davis hat nicht ganz zufällig eine Katze gewählt. Zuvor produzierte er während einigen Jahren einen Comicstrip mit einer Mücke namens Gnorm Gnat und musste feststellen, dass sich die Sympathien der Leser zu einem Insekt in Grenzen halten. Deshalb musste ein Haustier her. Erfolgreiche Hundecharaktere gab es bereits verschiedene (etwa Snoopy), und so entschied sich Davis für eine Katze.

Im wahren Leben besass Davis einen Hund, weil seine damalige Frau unter Katzenallergie litt. Doch auch mit Katzen kannte er sich aus – er wuchs auf einem Bauernhof mit 25 streunenden Katzen auf. Allerdings sind es wohl nicht die katzenhaften Charakterzüge, die Garfield so beliebt machen, sondern seine menschlichen Schwächen. Jim Davis hat dem Kater nicht nur den Namen, sondern auch den Charakter eines realen Menschen verliehen, und zwar denjenigen seines eigenen, umfangreichen und griesgrämigen Grossvaters. Doch auch mit dem Zeichner selber teilt Garfield einige Eigenschaften, so die Vorliebe für Lasagne und die Abneigung gegen Jogging.

Garfield darf seine Eifersucht ausleben
Doch trotz der menschlichen Züge bleibt Garfield ein Tier, und das bringt einen grossen Vorteil mit sich. Er darf all diejenigen Schwächen ausleben, die wir Menschen unterdrücken müssen. Garfield darf stundenlang vor dem Fernseher sitzen und sich von der gezeigten Scheinwelt verblenden lassen. Er darf den ganzen Tag unproduktiv sein und jede körperliche Anstrengung vermeiden. Er darf sogar das herzige Kätzchen Nermal aus purer Eifersucht zum Fenster hinaus werfen.

Und wir dürfen zuschauen.