Frau Ziegler, wie sind Sie auf die Idee gekommen, mit Tieren zu drehen?
Die Aussage, dass es schwierig sei mit Tieren zu drehen, hat mich angespornt, das Gegenteil zu beweisen. Zudem mag ich das kreative Filmbusiness. Deshalb habe ich zuerst eine Ausbildung zur Multimediaproduzentin gemacht. Ich habe schon immer Tieren gerne etwas beigebracht und fand es toll, Tiere aller Art zu beschäftigen. Bereits als 13-Jährige habe ich mit einer Freundin und meiner Hündin Filmproduktionen erstellt.

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Ist es denn so schwierig, mit Tieren zu drehen, wie es immer heisst?
Ja und Nein. Wenn ein Tier nicht entsprechend vorbereitet wird, dann ist es in der Tat nicht einfach, mit einem Tier zu drehen. Dass ein Tier an einem Drehort zufälligerweise das Verhalten zeigt, das man gerne filmen möchte, ist nicht sehr wahrscheinlich. Deshalb ist in der Regel alles, was die Tiere vor Ort zeigen sollen, trainiert. Selbst wenn diese aus Zuschauersicht nur an einem Ort stehen, sitzen oder liegen. Man muss wissen, wie man ein Verhalten trainiert, damit das Tier in der Lage ist, es vor der Kamera auszuführen.

Was gilt es noch zu bedenken?
Die Tiere sind am Drehort mit einer fremden Umgebung und den unterschiedlichsten Ablenkungen konfrontiert. Mit dem Tier muss der Transport geübt werden, das beginnt schon mit dem freiwilligen Hineingehen in eine Transportbox oder Ähnliches. Das Verhalten, das sie zeigen sollen, muss zudem so geübt werden, dass es auch mit Distanz zum Trainer funktioniert.

Sonst wären Sie mit im Bild. Wie bereiten Sie die Tiere auf den eigentlichen Dreh vor, bei dem sie auf sich selbst gestellt sind?
Beim Dreh selber achte ich zunächst darauf, dass das Tier entspannt warten kann, bis es zum Einsatz kommt. Es darf sich die neue Umgebung anschauen und ein paar einfache Tricks ausführen. Am Set soll sich das Tier vollkommen wohlfühlen. Es wird entsprechend belohnt und bekommt die nötigen Pausen.

Ihr Vorgehen wirkt sehr strukturiert. Gibt es eine spezielle Ausbildung, um Tiere fit für die Kamera zu machen?
Eine Filmtierausbildung gibt es nicht. Es ist aber wichtig zu wissen, wie Tiere lernen und welche Herausforderungen sie am Set erwarten. Ich habe unter anderem sehr viel gelernt von der Tiertrainerin Terry Ryan in den USA. So habe ich unter anderen die Ausbildung an der Karen Pryor Academy abgeschlossen, an der sie unterrichtet. Filmwissen habe ich aus­serdem von meiner Ausbildung als Kommunikationsplanerin mit eidgenössischem Fachausweis. 

Filmtier.ch im Einsatz für einen Werbespot

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Eine gute Lehre ist vermutlich auch Ihre Erfahrung mit den Tieren vor der Kamera.
Genau. Ich lerne stets dazu von meinen Tieren, von den Tieren meiner Kunden und von den unterschiedlichsten Produktionen. Wer das Gefühl hat, alles zu wissen, steht still.

Wer gehört zu Ihren Kunden und was bietet Ihre Firma alles an?
Wir bieten Tiertrainings an und zeigen interessierten Tierhaltern, wie das Training funktioniert. Sehr beliebt sind unsere Filmhundetrainings. Wenn sich ein Team zusätzlich für die Filmarbeit eignet, dann nehmen wir es in unsere Kartei auf und arbeiten gezielt an häufig gefragten Verhalten für den Film. Werbeagenturen oder Produktionsfirmen bieten wir eine fundierte Beratung an, wenn sie ein Projekt mit Tieren planen. Wir kümmern uns um die Bewilligung beim Veterinäramt, welche es für Werbung mit Tieren benötigt, und kommen zusammen mit dem Tierhalter ans Set.

Anforderungen für ein Filmhunde-Casting

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Es ist wichtig zu wissen, wie Tiere lernen und welche Herausforderungen sie am Set erwarten.

Anita Ziegler
Tiertrainerin

Welche Auflagen müssen Sie beim Veterinäramt erfüllen?
Für sämtliche Dreharbeiten braucht es eine Bewilligung vom Veterinäramt. Es muss eine ausgebildete Person vor Ort sein, welche die Verantwortung für das Tierwohl übernimmt. Tiere dürfen nicht zum Spass verkleidet werden. Es wird geprüft, dass die Tiere sich vor Ort wohlfühlen und sie keine Aufgabe ausführen müssen, die sie gefährdet oder die Würde des Tieres verletzt. Da mir das Tierwohl selber sehr am Herzen liegt, ist das natürlich in meinem Sinn.

Das spiegelt sich bestimmt auch in Ihren Trainingsmethoden wider.
Ich lehne jeglichen Druck und Zwang ab. Das hat im Training nichts verloren. Die Tiere sollen nicht gefrustet sein, sondern viel Spass und Freude im Training haben. Ich arbeite mit dem sogenannten Markertraining. Ein Marker, zum Beispiel ein Clicker, sagt dem Tier, in welchem Moment es etwas richtig gemacht hat. Kurz darauf erfolgt die Belohnung. Die Tiere lernen mitzudenken und aktiv zu sein, was für viele Tiere bereits sehr motivierend ist.

«Die Zirkushunde» ist das Ergebnis eines Filmhunde-Seminars bei Anita Ziegler

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Mit welchen Tieren arbeiten Sie am liebsten zusammen?
Ich arbeite sehr gerne mit Hunden und Hühnern, finde es aber sehr spannend immer wieder mit ganz neuen Tierarten zu trainieren. Ich würde zum Beispiel liebend gerne Mal mit einer Giraffe trainieren. Für die Filmarbeit ist es am einfachsten mit neugierigen und dem Menschen gegenüber nicht schüchternen Tieren zu trainieren.

Welche Tiere gehören zu Ihrem Künstlerpool?
Vor allem Haus- und Heimtiere wie Hunde, Katzen, Hühner, Papageien, Ziegen, Schafe, Ponys und Pferde.

Gibt es bekannte Filmproduktionen, für die Sie bereits Tiere ausgebildet haben?
Bekannte Filmproduktionen sind in der Schweiz relativ. Die meisten Aufträge erhalten wir für Werbespots, die aber selten einen so grossen Bekanntheitsgrad erreichen wie 101 Dalmatiner oder Ähnliches.

Der Kurzfilm «Endlich Sommer»

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Welche Produktionen machen Ihnen am meisten Spass?
Mir machen die meisten Produktionen Spass. Jedes Projekt ist einzigartig und diese Abwechslung liebe ich. Wenn die Tiere freudig ihre Arbeit ausführen und das Produktionsteam überrascht ist, wie toll das Drehen mit Tieren funktionieren kann, dann freut mich das sehr.

Durch Corona dürfte das Drehen zuletzt schwierig gewesen sein.
Ja, leider gab es vor allem im Bereich Hundetraining massive Einschränkungen. Im ersten Lockdown hatten zudem keine Dreharbeiten stattgefunden. Man spürt die Unsicherheiten in der Branche und es wird tendenziell eher weniger produziert. Nichtsdestotrotz hatten wir immer wieder tolle Aufträge nach dem Lockdown und sind dankbar dafür.

Welche Projekte stehen bei Ihnen auf der Agenda?
Über Filmproduktionen darf ich in der Regel leider nichts erzählen. Für Tierbesitzer wird es aber bald auch online Trainings geben. Das Tiertraining ist nicht nur für Filmtiere toll, sondern bietet auch anderen Tieren eine willkommene Abwechslung im Alltag. Es fördert die Beziehung zum Menschen und macht das Zusammenleben angenehmer. Mir ist auch wichtig, möglichst viele Menschen aufzuklären, dass Gewalt im Training nichts zu suchen hat. Gewalt fängt an, wo Wissen endet.

www.filmtier.ch