Der angeheuerte Einheimische aus der Einstiegsszene sollte recht behalten, als er dem jungen Abenteurer die Worte «du wirst da drin sterben» zuruft, sein Kanu wendet und davonpaddelt. Bis es so weit ist, dauert es aber noch fast zwanzig Jahre. Für eine ganze Weile sollten es die letzten Worte sein, die im neuen Kinofilm über den Basler Ethnologen, Menschenrechts-Aktivisten und Urwaldschützer Bruno Manser zu hören sind. 

So wie Manser an jenem Tag im Jahr 1984 allein im Regenwald von Borneo steht, wird auch der Zuschauer vorerst den Bildern und Tönen der Natur überlassen. Und dem glänzenden Hauptdarsteller Sven Schelker, der dem jungen Bruno Manser optisch sehr nahekommt. Mit einem cleveren Kniff lässt Regisseur Nik Hilber seinen einsamen Protagonisten gleich selber als Erklärer figurieren: Was nicht mit Bildern erzählt werden kann, hält Manser in seinem Tagebuch fest (lesen Sie hier mehr zu Mansers Tagebüchern).

So erfährt der Kinobesucher auch von dem malaysischen Eingeborenenstamm, den Manser dort sucht. Die Penan, wie sie heissen, leben fernab aller Zivilisation. Nomadisch, als Jäger und Sammler. Eine Authentizität, die Manser magisch anzieht. Ihnen will sich der Aussteiger anschliessen und schafft das auch, als er durch alle Kommunikationsbarrieren hindurch entdeckt, dass doch eine gemeinsame Sprache existiert: das Lachen. Nun geht es fix. Manser tauscht die Khaki­hose gegen den Lendenschurz ein und die Machete gegen das Blasrohr. Er ist kurz darauf Teil des Stammes, trägt dessen traditionellen Vokuhila-Haarschnitt und spricht die Sprache fliessend.

Ein Kampf gegen Windmühlen
So schnell geht es nicht immer vorwärts im Film. Der Regisseur nimmt sich eine Menge Zeit, um Manser und seine neue Familie auf der Basis von Originaldokumenten und Augenzeugenberichten darzustellen. Was unscharf ist, malt er geduldig und glaubwürdig aus. So steht wohl jeder Zuschauer auf der Seite der Penan, als die Holzfäller auftauchen und ihnen ihr Land streitig machen. Und das, obwohl den «Bösen» durchaus auch ein Gesicht gegeben wird, eine nachvollziehbare Motivation, auch wenn diese grösstenteils auf kaltem Kapitalismus basiert.

Es folgt ein aussichtslos scheinender Kampf des «Weissen Penan» Manser gegen diejenigen, die seinem Volk die Heimat wegnehmen wollen. Erst vor Ort, mithilfe der Stämme, mit passivem Widerstand; mit Stras­sensperren und Medienpräsenz. Dann – zurück in der Schweiz – auf dem politischen Parkett. Ein Kampf gegen Windmühlen, wie sich der nimmermüde Manser eingestehen muss. Einer, der auch den Film letztlich auf deutlich mehr als zwei Stunden streckt. 

Das ist etwas zu viel, aber, ob so gewollt oder nicht: Es führt beim Zuschauer dazu, dass er sich, genau wie Manser auch, vom Basel der 1990er-Jahre zurück in den Regenwald von Borneo sehnt. Vom Grau ins Grün. Dort findet er letztlich auch sein Ende. Der Film, aber auch der Abenteurer Manser, der seinen Stamm, oder was davon übrig ist, im Jahr 2000 wiederfindet. Ein paar Tage darauf verschwindet er spurlos im Urwald und wurde seither nie mehr gesehen. 

«Bruno Manser – Die Stimme des Regenwaldes», Drama, 142 Minuten, Verleih: Ascot Elite, ab sofort im Kino.

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