Hund, Katze, Maus: Mit den Hauptfiguren des ab 1913 über dreissig Jahre erscheinenden Comicstrips «Krazy Kat» ist Spannung vorprogrammiert. Allerdings stehen die drei nicht ganz in dem Verhältnis, das man bei diesen Tieren erwarten könnte. Beginnen wir mit der Katze, Krazy Kat, die der Serie ihren Namen gab. Sie ist ein ziemlich naives Tierchen, musiziert gerne – und ist unsterblich verliebt in den Mäuserich Ignatz Mouse. Dieser hingegen ist nicht eben freundlich zur Katze. Sein grösstes Vergnügen besteht darin, ihr Backsteine an den Kopf zu werfen. Was diese als Zeichen seiner Zuneigung auffasst.

Die dritte im Bunde, eine Bulldogge namens Officer Pupp, ist wiederum der Katze zugetan. Seine Eifersucht gegenüber Ignatz Mouse kann er gut mit seiner Aufgabe als Polizist vereinen: Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die bösen Machenschaften der Maus zu stoppen, indem er Backsteine konfisziert und Ignatz am liebsten gleich ins Gefängnis steckt.

Vorläufer des Surrealismus
Das tönt ziemlich schräg und ist es auch, zum Teil buchstäblich: Autor George Herriman hielt wenig von Konventionen, veränderte Landschaften von einem Panel zum anderen und wagte es auch mal, eine Seite in diagonale Bildstreifen aufzuteilen. Comic-Experte Andreas C. Knigge schreibt in seinem Buch «50 Klassiker Comics», Herriman sei «der erste Comiczeichner, der als Genie bezeichnet wurde». Dafür spricht das Interesse, das andere Genies dieser Zeit an Herrimans Comic zeigten. Picasso habe sich die Episoden per Telefon beschreiben lassen, wenn er keine amerikanische Zeitung kriegte. Und Juan Miró soll sich gar zu einem Gemälde inspiriert haben lassen: «Hund bellt den Mond an» aus dem Jahr 1926. Tatsächlich war das, was Herriman in den Zeitungen präsentierte, Surrealismus – und er hatte damit begonnen, bevor es diesen Begriff überhaupt gab.

Dabei waren Krazy und Ignatz ursprünglich nichts als Randfiguren in einem anderen Comicstrip von Herriman. «The Dingbat Family» drehte sich um eine Familie mit frechen Kindern und bald auch um deren Nachbarn im oberen Stock. Eines Tages im Sommer 1910 zeichnete Herriman an den Bildrand unabhängig von der Haupthandlung eine Maus, die einer Katze einen Stein anwirft.

Lieblinge des Präsidenten
Auf Drängen des Chefredaktors hin, zog er die Tierfiguren weiter. Ein paar Monate später bezeichnete die Maus die Katze als «Krazy Kat». 1913 wurde daraus dann ein eigenständiger Strip, ab 1916 stand ihm jeweils eine ganze Seite zur Verfügung. Äusserst beliebt seinen die absurden Geschichten übrigens auch beim damaligen Präsident der USA, Woodrow Wilson, gewesen. 

Zugegeben, im Grunde genommen haben die Figuren aus «Krazy Kat» wenig mit Tieren gemein, auch wenn Herriman sein fiktives Land mit der Zeit unter anderem auch mit einer geschwätzigen Ente, einem Hunde-Banditen und einem Storch anreicherte. Doch immerhin haben es Herrimans tierische Protagonisten geschafft, weit berühmter zu werden als die menschlichen Comicfiguren, deren Strip sie entstammen. Und dies lange vor Micky Maus.

Die «Krazy Kat»-Strips von 1916 bis 1922 können Sie in der Comic Strip Library online lesen. Hier schon mal ein Beispiel:

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Die Essenz von «Krazy Kat» sind fliegende Backsteine und schräge Dialoge: «He, das war nicht in Ordnung.»
- «Was war nicht in Ordnung?» - «Du solltest mich nicht im ersten Bild bewerfen, im letzten Bild solltest du.» -
«Donnerwetter, das stimmt.» - «Klar stimmt es.» 
Comic: George Herriman