Im Biologie-Unterricht lernt man die Grundlagen der Zellbiologie: Was Tier-, Pflanzen-, Pilz- und Bakterienzellen unterscheidet, wie sie aufgebaut sind, welche Funktionen die verschiedenen Organellen – die «Organe» der Zellen – übernehmen. Bakterien haben keinen Zellkern, was sie von allen anderen Zellen unterscheidet. Tierzellen sind von einer Zellmembran umgeben, Pflanzen- und Pilzzellen haben als zusätzlichen Schutz noch eine Zellwand. Im Zellkern sitzt die DNA.

Wer es genauer wissen wollte, musste meist auf die zuweilen komplizierte Fachliteratur zurückgreifen. Der britische Wissenschaftsjournalist Jack Challoner schafft Abhilfe. Sein Buch «Die Zelle – der Ursprung allen Lebens», das es seit kurzem in einer deutschen Übersetzung gibt, erklärt umfangreich und detailliert, aber trotzdem verständlich, die Vorgänge in den Zellen. Angefangen bei ihrer Entstehung durch Zellteilung bis hin zu ihrem Tod.

Zelle begeht Selbstmord
Dieser kann auf zwei Arten Art geschehen: Entweder unkontrolliert, durch traumatische Einwirkung von Aussen - beispielsweise bei Verbrennungen oder Mangel an Nährstoffen oder Sauerstoff. Dies nennt sich Nekrose. Daneben gibt es die Apoptose, den kontrollierten, programmierten Zelltod. Gewisse weisse Blutkörperchen des Immunsystems, sogenannte zytotoxische T-Lymphozyten, haben sich darauf spezialisiert, den Körper nach kranken Zellen abzusuchen. Auf ihrer Membran trägt jede Zelle Unmengen von Andockstationen für Signalstoffe, die der Zelle mitteilen, was sie in einer bestimmten Situation zu tun hat. Umgekehrt trägt die Zelle aber auch Stoffe auf der Membran, so dass die andern Zellen wissen, wer sie ist und was sie tut.

Entdecken die zytotoxischen T-Lymphozyten nun auf der Oberfläche einer Zelle Proteine von einem Virus, geben Sie der der Zelle das Kommando zum Selbstmord. Sie setzen Proteine frei, die in die infizierte Zelle eindringen und dort wiederum andere Proteine aktivieren, die den sofortigen Tod und die Zerlegung aller Bestandteile der Zelle, inklusive der DNA, in Gang setzen. Die Zelle löst sich auf in kleine, von Membran umgebene Bläschen, die am Schluss von anderen Zellen des Immunsystems «aufgefressen» werden. Auch bei irreparablen Schäden in der DNA gibt es Stoffe, die sofort die Apoptose auslösen.

Das mag kompliziert klingen, wird im Buch aber aufgefangen in vielen farbigen Illustrationen und teilweise wunderschönen Fotos, die die manchmal doch komplexen Zusammenhänge veranschaulichen und verdeutlichen.

Bis zur Unsterblichkeit
Die Apoptose dient aber nicht nur dem Eliminieren von Krankheitsträgern und potentielle schadhaften Zellen, sie spielt auch eine entscheidende Rolle in der Entwicklung von Tieren. Die Finger eines menschlichen Fötus etwa bilden sich heraus, weil das Gewebe dazwischen durch Apoptose stirbt. Heranwachsende Kaulquappen verlieren dank Apoptose ihre Schwänze. In Pflanzen ist die Apoptose beispielsweise für den Abwurf der herbstlichen Blätter verantwortlich (mehr zu Bättern im Herbst können Sie hier lesen).

Es gibt aber auch Zellen, die dem Tod trotzen. Die sich immer weiter teilen und nie damit aufhören, die also unsterblich geworden sind. Solche Zellen bilden Tumore, manchmal gutartige, manchmal bösartige Krebsgeschwüre. Hier widmet sich Challoner, wie in vielen Teilen seines Buches, sowohl dem schon länger Bekannten, als auch neueren Erkenntnissen der Forschung. So analysieren Ärzte heute beispielsweise die Genome (die Gesamtheit der DNA) von Krebszellen, um herauszufinden, was genau sie dazu veranlasst hat, unkontrolliert zu wuchern. So können sie die am besten entsprechenden Medikamente und Therapiemethoden geziehlt auswählen.

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Jack Challoner: Die Zelle – –
der Ursprung allen Lebens

1. Auflage 2016 
Gebunden, 192 Seiten 
Verlag: Theiss, ca. 40 Franken 
ISBN: 978-3-8062-3392-6