Warik schlurft entspannt die Treppenstufen des neuen Einfamilienhauses runter, immer der Stimme von Herrchen Martin Sailer nach. «Treppensteigen ist nicht mehr so sein Ding», erklärt Sailer, als der 13-Jährige Border Collie mit den treuen Augen schwanzwedelnd endlich bei ihm eintrifft. Solange der Regen noch nicht einsetzt, möchte er eine Runde drehen mit dem Hundesenior. 

Speziell am Hundehaushalt in Unterwasser SG ist: Ein Fressnapf ist im ganzen Haus nicht zu finden.  «Warik erarbeitet sich sein Futter», sagt Sailer und zeigt auf verschiedene Holzkonstruktionen am Boden. Eine von ihnen gleicht mit den vier hölzernen Rädern einem Spielzeugauto. Eine andere an einen gut geschützten Tresor. 

Das Hundespielzeug «Orgel» – entwickelt von Martin Sailer (Video: hundespiele.ch):

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«Das hier ist die Königsklasse.» Sailer zeigt auf ein Spiel, das wie ein Kunstwerk aussieht. Hinter einer Plexiglasscheibe ist das Innenleben der Konstruktion zu erkennen. «Wenn Warik an diesem Seil zieht und dann den Knopf reindrückt, fällt das Futterstück hierhin. Dann muss er noch am Rad drehen und dieses Brettchen zur Seite schieben.» 

Die Batterie wurde nie leer
Im Eiltempo erklärt Sailer die Funktionsweise des Fort Knox unter den Hundespielzeugen. Wie die anderen Knobeleien hat er sich auch diese selbst ausgedacht. Warik ist der Meister in Sachen Hundespiele und hat alle Kniffs, die Sailer eingebaut hat, durchschaut. Bei der genauen Abfolge braucht der alte Herr etwas Unterstützung von seinem Herrchen. 

Sogar einen Hunde-Flipperkasten hat Sailer ertüftelt (Video: hundespiele.ch):

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Nun steht aber nicht Knobeln auf dem Programm, sondern der Hundespaziergang. Während er Warik durchs Obertoggenburg führt, erklärt Sailer, dass ein Hund auch bei langen Spaziergängen nie ausgelastet sei.  Auch Warik sei als Jungspund so gewesen. «Er war einfach nicht müde zu kriegen.» Sailer war bewusst, dass ein Hütehund viel Beschäftigung und Bewegung braucht. Aber die Batterie wurde einfach nie leer. «Ich kriegte es nie hin, Warik müde zu machen.» 

So besuchte Sailer in Deutschland einen Kurs, in dem Hundehalter lernen, aus Alltagsgegenständen Beschäftigungs- und Denkspiele für ihre Vierbeiner herzustellen. Ab da bekam Warik sein Trockenfutter nicht mehr im Fressnapf serviert, sondern in mit Klebstreifen verschlossenen WC-Papier-Rollen. «Ich versteckte sie im ganzen Haus – die Suche allein dauerte eine ganze Weile.» 

Marko und sein Ferrari (Video: hundespiele.ch):

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Dazu verwandelte Sailer die Hundespaziergänge zu kleinen Abenteuerwanderungen mit Warik. Auch heute behängt Sailer hier einen Busch mit verpackten Futterstücken, dort wirft er eine Handvoll Leckereien in die Wiese und lässt Warik danach suchen. «So hat er gar keine Chance, sein Essen runterzuschlingen, sondern muss es sich richtig erarbeiten.» Und das macht dem Senior auch nach dreizehn Jahren noch sichtlich Spass. 

Die Spielideen aus dem Kurs inspirierten den damaligen Lehrer, einen Schritt weiterzugehen und seine eigenen Hundespiele zu entwickeln. «Der Hund will Action, möchte Aufgaben lösen und Denkanstösse bekommen», sagt Sailer. «Und er möchte viel Zeit mit seinen Zweibeinern verbringen – auf Spaziergängen, aber auch in Haus und Garten.» Aus den WC-Rollen wurden bald hölzerne Eigenanfertigungen. «Ich bin kein Schreiner, doch die Ideen waren im Kopf und ich versuchte sie bestmöglich umzusetzen.» Von einem Freund erhielt Sailer Abfallholz. Er kaufte sich die nötigen Werkzeuge und legte einfach los. 

Das Ringspiel ist besonders schwierig (Video: hundespiele.ch):

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Aussicht auf den grossen Deal
Seine Spiele fanden rasch grossen Anklang bei anderen Hundebesitzern. Sailer wollte sie jedoch perfektionieren und suchte nach einer Produktionsstätte in der Region. Seither stellen die Bewohner und Mitarbeiter einer geschützten Werkstätte in Ebnat-Kappel die komplexen Holzspiele her. «Die Leiter sind genau so angefressen wie ich und bringen selbst Ideen ein», was ihn besonders freut. In China zu produzieren kommt für den Familienvater nämlich nicht in Frage.  

Der Regen setzt gerade ein, als die beiden von ihrem erlebnisreichen Spaziergang zurückkehren. Warik legt sich im Wohnzimmer entspannt zu Sailers Füssen hin. Der Magen ist voll, Beine und Kopf müde. Herrchen nimmt sein Handy in die Hand und schaut sich Bilder von ihm und Warik in einem TV-Studio an. «Heute kommt es mir vor wie ein Traum», sagt Sailer und schüttelt den Kopf. 

Im Mai schaffte es der Tüftler ins Fernsehen als Teilnehmer bei «Die Höhle der Löwen Schweiz» auf TV24. Um sein Hobby weiter voranzutreiben, hoffte er auf Unterstützung von den fünf Unternehmern, denen er seine Ideen vor laufender Kamera vorstellen durfte. «Um meine Spielzeuge europaweit zu vertreiben, brauche ich Partner, die Kontakte haben und fit in Sachen Social Media sind.»

Martin Sailers Auftritt in der «Höhle des Löwen» (Video: TV24):

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Und tatsächlich: Investor Tobias Reichmuth und Online-Händler Roland Brack waren begeistert von Sailers Produkten und boten ihm 150'000 Franken an – für seine Firma, inklusive des ganzen Lagerbestands mit rund 2000 Spielen. Dazu wurden ihm 10 Prozent auf die künftigen Produktionskosten zugesichert. Ein guter Deal.

Doch dann kommt alles anders
Das kleine Unternehmen zu verkaufen, war eigentlich nicht Sailers Plan. Und doch nahm er das Angebot nach reichlicher Überlegung an. «Ich habe diverse Projekte am Laufen und meine Familie hätte auch gerne mehr von mir. Da wäre es mir in diesem Moment gelegen gekommen, wenn ich die Hundespiele in gute Hände hätte geben können.»  

Wäre. Denn zwei Wochen nach dem Dreh der Sendung kam die Ernüchterung: Reichmuth und Brack machten einen Rückzieher. Immerhin kaufte Brack dem Erfinder einen Grossteil seines Lagers ab und verkauft sie nun in seinem Online-Shop. «So kann ich weiterhin aktiv bei der Erfindung neuer Spiele mitwirken und der Verkauf wird von einem Profi vorangetrieben.» 

Auch für Katzen ist was dabei (Video: katzenspiele.ch):

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Nun bleibt Sailer eben am Ruder: «Den Deal hätte ich sehr gerne gehabt, aber jetzt mache ich das Beste draus.» Schon heute besitzt er die grösste Auswahl an intelligenten Hundespielen, jährlich kommen ein, zwei neue zum Sortiment hinzu. Vor gut einem Jahr hat Sailer auch mit Katzenspielen begonnen. «Ich glaube an die Zukunft von intelligenten Tierspielzeugen», sagt er und stubbelt seinem treuen Gefährten Warik über den Kopf. «Jeder Hunde- oder Katzenbesitzer freut sich doch darüber, wenn die Bindung zu seinem Vierbeiner Tag für Tag beim Spielen wächst und die Tiere ausgelastet sind.» 

www.hundespiele.ch
www.katzenspiele.ch