«Runter vom Sessel, hinein in die Natur!», vermittelt der Klappentext von «Auf dem Bauernhof», dem achten Buch in der Reihe «Natur Erleben». Und genau so meint es der Autor Andreas Jaun auch. Er will nicht, dass sein Buch auf dem heimischen Sofa gelesen wird, sondern mit auf den Ausflug aufs Land kommt. Er will, dass sein Buch benützt wird, dreckig wird. Deshalb auch der stabile Einband, die dicken Seiten. Vor allem aber will er, dass sein Buch mehr ist als ein Buch.

 

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 Fotos, Tonspuren und Seitenverweise als interaktive Randnotizen.

Die Reihe «Natur Erleben» verbindet das verkaufte Produkt, das Buch, mit den neuen Medien. Multimedial reizt der Haupt-Verlag die technischen Möglichkeiten aus, zeigt auf seiner Website Fotos, Tonspuren und Videos von allerhand Tieren und verweist in den betreffenden Büchern jeweils auf die digitalen Inhalte. Sogar eine «App» zu den interaktiven Büchern kann heruntergeladen werden.

Eine heikle Gratwanderung, denn der Befehl «Runter vom Sessel» und die Aufforderung, im Internet nach Zusatzinformationen zu suchen, hätten sich bis vor kurzem noch arg widersprochen. Heute, wo jeder auf seinem Mobiltelefon Zugriff aufs weltweite Netz hat, ist die Zeit reif dafür. 

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 Anschauungsunterricht: Die Kuh und ihre Mägen.

Aufgebaut wie ein Lehrbuch
Ins Gebirge, in den Wald, ins Moor und gar an die Küste haben uns die «Natur-Erleben»-Bücher bereits auf Erkundungsreise eingeladen. Nun also auf den Bauernhof. In informativen Häppchen werden wir mit einzelnen Themen konfrontiert. Eingeführt durch eine oder zwei etwas gar banalen Aussagen («Die Hauptblütezeit vieler Pflanzenarten ist im Frühling oder Sommer.») vertieft uns der Autor bald aufschlussreich in die Materie. Ganz im Stile eines Lehrbuches sind wichtige Stichworte fett gedruckt und dicke Pfeile als Randnotiz verweisen auf andere Seiten im Buch, auf denen näher auf die jeweilige Thematik eingegangen wird.

Im Kapitel «Eine kurze Geschichte der Landwirtschaft» lernen wir, wieso Jäger und Sammler zu Ackerbauern wurden, wenige Seiten später erhalten wir anhand einer gut verständlichen Skizze einen groben Überblick über Zucht und Genetik. Wie das Ei zum Huhn wird, wissen wir bald ebenso, wie wir erfahren, wie der Verdauungstrakt von Kühen funktioniert. Zum Abschluss jedes Kapitels sollen ein paar Quizfragen dafür sorgen, dass der «Schüler» bei der Lektüre auch aufpasst. Beobachtungstipps helfen ausserdem bei der Suche nach den etwas kleineren Tieren auf landwirtschaftlichem Boden.

Fokus nicht immer richtig gesetzt
Ja, die etwas kleineren Tiere. Einen grossen Teil seines Naturführers verwendet der Autor nämlich nicht auf die «klassischen» Bauernhoftiere, sondern auf das, was rund um den Hof kreucht, fleucht und gedeiht. «Neben Kuh und Schaf oder Hund und Katze sind es vor allem auch die wilden Tier- und Pflanzenarten, die den Bauernhof zu einem besonders aufregenden Lebensraum machen», schreibt er. Und er schiesst sich etwas gar auf diese «Unbekannten» ein.

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 Andreas Jaun: «Auf dem Bauernhof», kartoniert, 184 Seiten,
 Haupt Verlag, ISBN 978-3-258-07774-1, ca. Fr. 27.-

Interessant ist beispielsweise der Exkurs auf die Weide, wo sich der Mistkäfer in den Kuhfläden suhlt und Dungfliegen umherschwirren. Auch die Rauchschwalbe ist auf Bauernhöfen ein oft gesehener Brutgast und eines Kapitels würdig. Dem Sperling hingegen fünf Seiten zu widmen, scheint etwas übertrieben. Und der Regenwurm ist zwar wichtig für den landwirtschaftlichen Boden, wäre aber wohl in einer künftigen Ausgabe «Im Gartenbeet» besser aufgehoben, zumal ganz typische Bauernhofbewohner wie etwa Schafe, Ziegen oder Schweine aus unerklärlichen Gründen kaum erwähnt werden.

Wer verkraften kann, in einem äusserst informativen und multimedial gestalteten Lehrbuch über die Landwirtschaft auf einige klassische Bauernhoftiere zu verzichten, sollte beim neusten Band aus der «Natur-erleben»-Reihe zugreifen. Für alle anderen wird es sich eher lohnen, in einen der zuvor erschienenen Bände reinzuschauen. Die Verschmelzung zwischen Text und Multimedia ist eine Idee, die nicht immer funktioniert. Bei «Natur erleben» tut sie's.