Wie aus dem Nichts tauchte es auf. Der Name «Wetterhorn» ist erstmals in einem handschriftlichen Kommentar von Thomas Schöpf zu finden. Er wirkte ab 1565 als Stadtarzt in Bern. In den zwei Bänden, die er über das Stadtgebiet verfasste, beschrieb er den Berg, der seither unzählige Wandersleute angezogen hat und der ab 1669 erstmals in Landschaftsmalereien auftauchte. Ein Berg, der Kletterer aus aller Welt bis heute anzieht. 

Skitour auf dem Wetterhorn

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Wetterhorn-Geschichte wird lebendig

Mit diesem Exkurs in die Geschichte des Wetterhorns beginnt die gleichnamige Bergmonografie von Daniel Anker. Er lässt dessen Geschichte lebendig werden, wenn er sich chronologisch durch die Jahrhunderte arbeitet und auf den Spuren derjenigen wandelt, die den Dreitausender bestiegen haben – von den Anfängen bis zur heutigen «Generation TikTok». 

In Tik-Tok-Manier durch Daniel Ankers Buch

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17-Jährige wagen den Aufstieg

Zu den frühen Berggängern gehören die drei Söhne wohlhabender Basler Familien, die 1810 auf ihrer dreiwöchigen Reise durch die Schweiz einen Aufstieg wagten. «Von fünf bis sechs Uhr sah man die Berneralpen ausnehmend gut, den Montblanc, die Glarner und Appenzeller Berge umhüllten aber durch-sichtige Nebel», wird einer der 17-jährigen Basler zitiert. Dass er die Namen der Berge kennt, zeigt von Weitsicht und Bildung. Denn nur wenigen waren sie damals geläufig. 

Anker verweist gerne auf die Kunst, in der sich das Wetterhorn regelmässig niederschlug, in den Gemälden und Skizzen, überrascht aber auch mit kuriosen Meldungen. Das Wetterhorn sei um 300 Meter geschrumpft, stellte sich etwa um 1815 heraus. Wer wissen will, wie es zu dieser Annahme kam, wird aufs letzte Kapitel des Buches verwiesen. In ihm werden die Probleme des Vermessens erläutert. Dabei gab es immer wieder Fehler. 
 

Das Wetterhorn schrumpft

Das Wetterhorn schrumpft tatsächlich, wie 2017 festgestellt wurde. Klimatische Veränderungen und die kontinuierliche Absenkung des Gipfels seien dafür verantwortlich, schreibt der Autor. Der Weg auf den Gipfel – auch ihn zeichnet er systematisch nach. Wer die Monografie liest erfährt unter anderem, wie ab 1890 immer neue Routen erschlossen wurden und Alpinisten sowie Touristen den Weg auf den Berg fanden. Alte Postkarten im vorliegenden Buch zeigen, wie bald an seinen Flanken Ski gefahren wurde.

Ein Stück Seilbahngeschichte

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Die Eröffnung der Firstbahn

Natürlich kam es auch immer wieder zu Unfällen. Etwa am 19. Juli 1917, als eine Viererseilschaft in die Tiefe stürzte. Aber auch Lawinen machten den Bergsteigern zu schaffen. Die Geschichte des Wetterhorns ist zugleich ein Stück Seilbahngeschichte. Anker erzählt vom feierlichen Moment am 1. März 1947, als die Firstbahn eröffnet wurde.

Die Firstbahn im 21. Jahrhundert

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Blicke auf die Umgebung

Ein Buch über das Wetterhorn sollte sich auch mit dessen Umgebung beschäftigen. Diese ist genauso imposant. Das ist auch Anker bewusst, der in seinem Werk unter anderem einen Blick auf die Rosenlaui-Schlucht wirft – ein beliebtes Sujet in der Malerei. Aber auch eine beliebte Wanderroute mit spektakulären Momenten, wie dieses Video zeigt:

Wanderung durch die Rosenlaui-Schlucht

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Die jüngste Geschichte des Wetterhorns

Das vorerst letzte Kapitel der Monografie – die vielleicht irgendwann einmal von jemand anderem um weitere Jahrhunderte ergänzt werden mag – widmet sich der Geschichte seit 1989. Es beginnt mit einem Verweis auf Peter von Guntens Spielfilm «Pestalozzis Berg», der vor der Kulisse des Scheideggwetterhorns spielt.

Peter von Guntens Spielfilm «Pestalozzis Berg»

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Klimafragen und Feiern in der Gaudihütte

In der letzten Epoche, die im Buch beschrieben wird, spielen auch Klimafragen eine zunehmende Rolle. Themen wie Gletscherabbruch und Gletscherschmelze dürfen nicht fehlen. Nicht zuletzt, weil sie die Topografie des Berges laufend verändern. Mit dem Aufkommen der Mobiltelefone und der sozialen Netzwerke wächst die Flut an atemberaubenden Bildern und Videos – von Menschen, die den Adrenalinkick in der Höhe suchen, auf Felsen biwakieren oder im August 2019 in der Gaudihütte feiern. 

Damit endet die Geschichte des «Schlosses aus Fels und Eis», wie das Wetterhorn auch heisst, die Anker minutiös aufbereitet hat. Vorerst. 
 

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Daniel Anker: «Wetterhorn – Hohe Warte über Grindelwald und Rosenlaui»
2021, 270 Seiten
Verlang: AS Verlag & Buchkonzept AG, Zürich 
ca. 53.- Franken
ISBN 978-3-03913-003-0