«Da hört der Spass auf!», war die erste Reaktion, die uns auf der «Tierwelt»-Redaktion entgegenschwappte, kurz nachdem der Sieger der diesjährigen «Goldenen Kuh» von Langnau bekanntgemacht worden war.

Am Internationalen Cartoonfestival in der «Emmentaler Metropole» wurde nämlich ein Bild ausgezeichnet, das hart an die Grenzen des guten Geschmacks geht: «Pferdefleisch» von Peter Schrank. Darin geht eine Frau mit ihrem Kind einkaufen und will «nur rasch nachschauen, woher das Fleisch stammt», das am Abend auf den Tisch kommen soll. Ein Blick hinter das Verkaufsregal zeigt ihr ein Labyrinth des Grauens: Ein Schlachthaus, in dessen verwinkelten Gängen lebendige und halbtote Tiere auf den Gnadenschuss warten. Die Frage stellt sich zu Recht: «Dürfen die das?»

Lachen und nachdenken
Wer an der «Triennale der komischen Kunst» Bilder von heiteren Micky-Mäusen erwartet, die händchenhaltend im Kreis tanzen, wird enttäuscht. Das Cartoonfestival ist für Erwachsene gedacht. Es soll zum Schmunzeln anregen, auch zum Lachen. Aber vor allem zum Nachdenken.

«So ein Saustall!» heisst das Motto des diesjährigen Cartoonfestivals. Untertitel: «Die neue Realität». Und die Künstler, hochkarätige Cartoonisten aus der Schweiz und ganz Europa, halten sich daran. Unzählige Schweine hängen da an den Wänden und halten dem Betrachter immer neue Spiegel der Realität vors Gesicht (darunter auch «echte» Spiegel in Schweinchenform). 

Das Schwein als Sinnbild
Die Vielfalt der «schweinischen» Spielarten, die im Gebäude der alten Kupferschmiede in Langnau ausgestellt sind, ist enorm, die Ansätze, die die Cartoonisten für ihre «Sauereien» gewählt haben, ganz unterschiedlich: Da sind zum einen ganz harmlose Sprachspielereien zu sehen, «Die Sau rauslassen» als beliebtes Sprachbild, das «arme Schwein» als Thema.  

Andere Künstler sind schon bissiger: Und da sieht der Betrachter schnell, wie gut sich das Schwein als Thema für Cartoons und Karikaturen eignet. Teils steht es für das Tier, dann wird es unschuldig und lieb dargestellt. Vielleicht ein kleines bisschen doof. Doch meist ist das Schwein Metapher für den Menschen. Und für bestimmte Menschen. Auf bissige Weise werden Politikerköpfe, zu Schweinsköpfen verzerrt, abgebildet. Im Fall von Skulpteur Hans-Ruedi Wüthrich sogar als «Trophäen» zum An-die-Wand-hängen modelliert.

Neben einem allgegenwärtigen Zur-Lächerlichkeit-preisgeben der Politik kriegt auch die Wirtschaft ihr Fett weg. Das Sparschwein als passendes Sinnbild für die Schweizer Banken ist ein beliebtes Werkzeug der aktualitätsbezogenen Cartoons in Langnau. 

Eine bittersüsse Realität
Genau dieser Bezug zum Weltgeschehen zeichnet die Ausstellung in der Kupferschmiede, die noch bis am 22. September zu sehen ist, aus. Ein Rundgang durch die cartoonbehangenen Stellwände bietet dem Betrachter eine Zeitreise durch die Themen, die in den letzten Jahren für Aufsehen sorgten. Bitterböse sprechen die Karikaturen zu einem und sagen: «Voilà! Das ist die neue Realität!» 

Und auch wenn es beisst und die brave Strasse des guten Geschmacks gar oft verlassen wird: Geschmunzelt wird von allen Seiten in Langnau, aber auch zum Nachdenken und Diskutieren animiert. Und solange dies der Fall ist, «dürfen die das».

Zur Website des internationalen Cartoonfestivals in Langnau