Eigentlich passen St. Gallen und das Matterhorn nicht zusammen. Schliesslich ist der Säntis der Hausberg der Ostschweiz. Als einer der bekanntesten Berge der Welt mit einer bewegenden Besteigungsgeschichte bietet das Matterhorn aber mehr Stoff für eine dramatische Inszenierung samt Tanz- und Gesangseinlagen. Und dafür eignet sich als Aufführungsort keine Schweizer Stadt besser als die Musical-Hochburg St. Gallen. «Hier kann man Stücke in Ruhe generieren und auch mal etwas machen, was nicht Mainstream ist», sagt der «Matterhorn»-Autor Michael Kunze, aus dessen Feder Zuschauermagneten wie «Elisabeth», «Mozart!» und «Tanz der Vampire» stammen.

Die Rahmenbedingungen stimmen also. Die Handlung ebenfalls. Sie verfolgt die Spuren des jungen Engländers Edward Whymper, der 1865 als erster Mensch den Gipfel des Matterhorns erklimmt. Dabei ist Whymper kein betuchter Gentleman wie die anderen Alpinisten dieser Zeit. Er findet keine Unterstützung in diesen Kreisen und ist auch sonst weitgehend auf sich allein gestellt. Denn anders als seine Kontrahenten aus dem nach Ruhm strebenden Königreich Italien kann er nicht auf die örtlichen Bergführer setzen. Dennoch stellt sich der Brite dem ungleichen Wettkampf, den die beiden Seilschaften unterschiedlich angehen: von der italienischen und der anspruchsvolleren Schweizer Bergseite. Obwohl es am Ende einen offiziellen Gewinner gibt, verlieren letztlich alle.

Namhaftes Ensemble
Das Musical «Matterhorn» konzentriert sich aber nicht nur auf das Bergsteigen, Rivalitäten und grenzenlose Gier, sondern auch auf den zeitlosen Konflikt zwischen Mensch und Natur. Dabei tritt der weibliche Berggeist Orka in den Vordergrund. Er warnt vor der Eroberung des Berges und mangelndem Respekt vor der Macht der Natur. «Orka symbolisiert und verkörpert die Schönheit der Natur», erklärt Kunze. «Sie ist eine Vision der Menschen, die der Natur sehr nahe kommen.»

Die erfahrene Musicaldarstellerin Sabrina Weckerlin verkörpert Orka und sorgt mit ihrer Stimme für Gänsehaut. Sie ist gesanglich neben dem opernerprobten Countertenor Luigi Schifano mit seiner männlichen Altlage der Star der Aufführung. Aber auch die anderen Schauspieler überzeugen musikalisch. Sie profitieren vom Komponisten Albert Hammond. Der Songwriter von Welthits wie «One Moment in Time» arbeitet das erste Mal für das Genre Musical. Der preisgekrönte indische Filmregisseur Shekhar Kapur komplettiert das namhafte Ensemble.

«Matterhorn» rührt produktionstechnisch mit der grossen Kelle an und bringt gleichzeitig ein unverbrauchtes Thema mit einer ausgewogenen Mischung aus internationalem Flair und Swissness auf die Bühne. Auf den New Yorker Broadway dürfte es das Stück zwar kaum schaffen, dafür stehen die Chancen aber gut, hierzulande ein Gipfelstürmer zu werden.

Das Muscial Matterhorn läuft bis zum 17. Juni im Theater St. Gallen.

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