Tiere gehören zu Animationsfilmen wie Cowboys zu Western. Elefanten, Bären, Löwen, Katzen, Hunde, Mäuse, Pinguine und sogar Ratten und Enten mutierten schon als Trickfiguren zu Filmleinwand-Helden. Ein Stier hat es trotz dieser langen Liste bislang allerdings noch nicht geschafft, die Hauptrolle zu erobern. Das ändert sich nun mit dem Streifen «Ferdinand». Es ist die Geschichte eines riesigen Stieres mit einem ebenso grossen Herzen – und einer Vorliebe für Blumen.

Als Kalb türmt Ferdinand traurig von seinem Hof, nachdem er gesehen hat, wie sein Vater zu einem Stierkampf abtransportiert wurde und nicht mehr zurückgekehrt ist. Durch einen Zufall landet Ferdinand auf einer friedlichen, kleinen Farm und freundet sich mit dem Mädchen Nina an. Sie teilen nicht nur das Bett, sondern auch die Leidenschaft für die Botanik. Doch diese wird Ferdinand auf einem grossen Blumenfestival zum Verhängnis. Ein Bienenstich lässt die Pferde mit ihm durchgehen und ein gewaltiges Chaos anrichten. So landet das gutmütige Tier wieder auf dem ungeliebten Hof seiner Kindheit. Ein Albtraum für ihn. Droht Ferdinand dort das gleiche Schicksal wie seinem Vater oder kann ihm ausgerechnet die schrullige Ziege Elvira aus der Patsche helfen?

Das Beste kommt zum Schluss
Die Idee, einmal ein nicht ganz so populäres Tier wie einen Stier in den Fokus zu rücken, schürt Erwartungen und weckt eine gewisse Vorfreude. Allerdings geht die Rechnung nicht vollständig auf. Das liegt nicht nur an der äus­serst vorhersehbaren Handlung. Der Animationsfilm braucht (zu) lange, bis er richtig in Schwung kommt, und verzettelt sich stattdessen mit albernen Banalitäten, in denen sich Ferdinand wie ein Elefant im Porzellanladen aufführt. Und Szenen, in denen sich der riesige Stier zu dem Mädchen Nina in ein kleines Bett legt oder Igel problemlos ein Fahrzeug durch den dichtesten Verkehr manövrieren, sind derart absurd, dass sie selbst die Vorstellungskraft von Kindern sprengen dürften.

Zudem fragt sich der Zuschauer, warum auch dieser Film unbedingt in 3-D abgedreht werden musste und weshalb alle menschlichen Charaktere Beine haben, die dünn wie Streichhölzer sind, selbst wenn der restliche Körper korpulent ist. Solche Details sind zwar nicht entscheidend, wirken aber dennoch komisch und unnötig.

Dabei gibt es durchaus Lichtblicke. Etwa der feine Humor der herrlich-hochnäsigen deutschen Pferde Greta, Hans und Klaus oder die höchst amüsanten Slapstick-Einlagen der drei vorwitzigen Igel. Die stärkste Phase hat das Animationsabenteuer aber zum Schluss, als die grausamen Methoden des Stierkampfes kindgerecht infrage gestellt werden und Gewaltlosigkeit über Brutalität triumphiert. Dann erzeugt Ferdinand mit seinen grossen Kulleraugen endlich das, was sich viele Kinobesucher besonders in der Weihnachtszeit wünschen: herzerwärmende und zu Tränen rührende Momente.

«Ferdinand», Animationsfilm, 106 Minuten, Studio: 20th Century Fox, ab sofort im Kino.

[IMG 2]