Die Luft ist feucht und warm. Exotische Pflanzen wie Vanilleschoten versprühen einen angenehmen Duft. Und aus nicht allzu grosser Entfernung erklingt der Ruf eines Affen. Ob das ein Orang-Utan war? Tatsächlich ist wenige Meter weiter zwischen den Ästen einer riesiegen Palme das Gesicht eines Waldmenschen, wie die deutsche Übersetzung des malaiischen Wortes Orang-Utan lautet, zu sehen.

Allerdings handelt es sich bei dem Anblick «nur» um ein Porträt. Denn obwohl man es schnell vergessen könnte, befindet sich der Besucher nicht etwa im tropischen Regenwald der indonesischen Insel Borneo, sondern im Tropengarten des Tropenhauses Frutigen BE. Ein Ort, der kaum besser geeignet sein könnte für eine Ausstellung über die rothaarigen Affen.

Das dachte sich auch die gemeinnützige Organisation Borneo Orangutan Survival (BOS) Schweiz. Sie setzt sich für den dauerhaften Schutz der Orang-Utans ein und zeichnet für die Ausstellung «We are the forest» verantwortlich. Zu sehen sind 31 teils prämierte Bilder von Fotografinnen und Fotografen, die Orang-Utans in den Regenwäldern Indonesiens vor die Linse bekamen. Zum Beispiel von einem Jungtier, das sich mit einem Taro-Blatt vor dem Regen schützt. Niedlicher geht es kaum. Nachdenklich wirkt dagegen ein ausgewachsenes Männchen mit imposanten Backenwülsten.

Der Lebensraum der Affen schwindet
Einen seltenen Anblick wiederum gewährt das Porträt eines Tapanuli-Orang-Utans, der erst seit November 2017 als dritte Orang-Utan-Art – neben Borneo- und Sumatra-Orang-Utan – offiziell beschrieben wurde. Kaum entdeckt, ist er bereits der am meisten gefährdete Menschenaffe.

Dieser Aspekt spiegelt die Ausstellung wider. Denn die Bedrohung der Orang-Utans und deren Lebensraum spielt die Hauptrolle in «We are the forest». Nicht nur die künstlerischen Aufnahmen machen darauf aufmerksam, sondern auch Infotafeln, ein Dokumentarfilm in einem Minikino und Hörspiele, die über stilisierte Funkgeräte laufen. Denn obwohl der Orang-Utan weltweit unter Schutz steht, ist er hochgradig gefährdet. Der Hauptgrund dafür ist sein schwindender Lebensraum infolge von Plantagenwirtschaft, Abholzung und Bergbau. Allein auf Borneo werden jährlich 1,3 Millionen Hektar Regenwald vernichtet. Dazu kommen Wilderei und illegaler Tierhandel.

Kindgerechtes Infotainment
Zahlreiche Tier- und Naturschützer stemmen sich diesen Gefahren entgegen und setzen sich für die bedrohten Menschenaffen ein. Auch über sie und ihre Projekte erfahren Ausstellungsbesucher viel. Etwa über die BOS-Rettungsstationen, die Orang-Utans in Not medizinisch versorgen und rehabilitieren, bis sie wieder ein Leben in der Wildnis führen können. 

Der Infotainment-Charakter ist ebenfalls fester Bestandteil im Tropenhaus. Mit dem Erlebnispfad beispielsweise wecken die Kuratoren vor allem den kindlichen Entdeckergeist. An zwölf Posten sind Fragen zu den Primaten zu beantworten. Dabei geht es unter anderem um Kommunikation, Affenmedizin und Futterpflanzen. Wer die Infotafeln aufmerksam studiert, erfährt die richtigen Antworten und kann sie auf einer ausliegenden Broschüre mittels Lochzange markieren. Danach winkt an der Kasse im Eingangsbereich eine Überraschung.

Es ist das i-Tüpfelchen einer Ausstellung, die inhaltlich überzeugt und sich perfekt in die reizvolle Umgebung des Tropenhauses einfügt. Dadurch wähnen sich Besucherinnen und Besucher in der schönen, aber leider auch bedrohten Welt der Orang-Utans.
 

«We are the forest» läuft bis zum
3. Januar 2021. Öffnungszeiten:
Mi bis Sa: 10 bis 23 Uhr. So: 10 bis 18 Uhr.
www.tropenhaus-frutigen.ch