Sind Schweine Sprachtalente? Diese Frage könnte sich stellen, wer Derek Abbotts grosse Liste der Tierlaute vor sich hat. Abbott, eigentlich ein australischer Professor für Elektrotechnik, hat zum Spass zusammengetragen, wie Menschen in verschiedenen Ländern die Geräusche der Tiere umschreiben. Bei uns macht demnach eine Sau grunz oder oink. Auch in England, Italien und Spanien oinken Schweine. Für den Japaner aber ist das Grunzen ein boo boo, für die Polin ein chrum chrum, für den Russen ein hrgu-hrgu und für die Schwedin ein nöff-nöff.

Natürlich liegt das nicht daran, dass japanische Schweine anders grunzen als schwedische. Die Unterschiede sind vielmehr bei uns Menschen zu suchen. «Eine Kuh macht nicht wirklich muh und ein Hahn nicht wirklich kikeriki», erklärt der deutsche Sprachforscher Georg Schuppener. Vielmehr versuchen wir beim Nachahmen der Tiere möglichst nahe an ihre Lautäusserungen heranzukommen. Weil aber nicht alle Sprachen über dieselben Laute verfügen, fallen die Resultate dieser «Übersetzungsversuche» unterschiedlich aus.

Wo Kühe wie Schafe blöken
Zudem hören Menschen, die in verschiedenen Sprachräumen aufgewachsen sind, die «Tiersprache» tatsächlich unterschiedlich. Im Chinesischen etwa sind laut Schuppener verschiedene Tonhöhen wichtig – Deutschsprachige können solche Differenzen kaum wahrnehmen. «Und im Arabischen gibt es behauchte Laute – das entspricht auch nicht unseren Hörgewohnheiten.»

Zwar gibt es viele Ähnlichkeiten: Das Miauen der Katze zum Beispiel beginnt fast in allen Sprachen mit dem Buchstaben M, ebenso wie das Muhen der Kuh. In Japan aber macht ein Büsi nyan nyan, und in der Amtssprache Pakistans, dem Urdu, macht die Kuh (kein Witz!) baeh. Auch bei der Biene fallen die Japaner aus der Reihe. Während das Summen in allen anderen Sprachen ein S oder ein Z beinhaltet, typischerweise bzzz, klingt es im Japanischen boon boon. Von allen Geräuschen, die er zusammengetragen habe, sei dieses für ihn das Überraschendste gewesen, sagt Derek Abbott.

Aber nicht nur ferne Kulturen fahren ihre Sonderzüglein in der Onomatopoesie, wie die Lautmalerei in der Sprachlehre bezeichnet wird. Auch die ohnehin als skurril geltenden Engländer haben ihre Eigenheiten. Bei ihnen macht der Truthahn gobble gobble – statt glou glou wie in Frankreich, Griechenland oder der Türkei. Und nirgendwo kräht der Güggel derart ausgefeilt, wie im englischen Sprachraum: Sein cock-a-doodle-doo hat verglichen mit dem deutschen kikeriki, dem französischen cocorico oder dem portugiesischen cucurucu geradezu Konzertqualität.

Am Beispiel der beiden Geflügelarten lässt sich zudem zeigen, dass Tierlaut-Übersetzungen nicht einmal innerhalb eines Sprachraums einheitlich sein müssen. Eine kleine Umfrage auf der «Tierwelt»-Redaktion ergab, dass in der Deutschschweiz der Hahn – wohl mundartlich bedingt – für die einen kükerükü macht, für die anderen eher kikeriki. Ähnliches gilt beim Truthahn in der spanischsprachigen Welt: In Spanien macht er clou clou, in Mexiko dagegen goro-goro-goro.

Lautmalerei als Ursprung der Sprache?
Und wen wunderts bei all dieser Verschiedenartigkeit: Nicht jede Sprache kennt für jeden Tierlaut eine Umschreibung. Oder wüssten Sie, wie ein Kamel macht? In Australien dagegen, wo diese Tiere im 19. Jahrhundert eingeführt und zur Plage geworden sind, lernt jedes Kind: Das Kamel macht grumph!

Derek Abbotts umfangreicher Liste zum Trotz: Untersucht sind die Tierlaute nur lückenhaft. Wenn, dann oft zum Spass – so wie beim «Quack-Projekt», bei dem Schüler einer mehrsprachigen Schule in London verschiedene Tiere nachahmten. Die Wissenslücken sind umso überraschender, als es sogar Theorien gibt, wonach der Ursprung der menschlichen Sprache in der Imitation von Tier- und anderen Naturgeräuschen liegt.

Laut schwedischen Wissenschaftlern ist der Mensch allerdings im Lauf der Jahrtausende zum Teil dazu übergegangen, für seine Umschreibungen von Tierlauten nichttierische Symbole als Vorlagen zu verwenden. Wir ahmen zum Beispiel den Elefanten mit einem Töröö oder Trööt nach, Englischsprachige aber mit einem Baraag. Könnte es also sein, dass wir uns gar nicht dem wirklichen Geräusch des Elefanten anlehnen, sondern eher dem Instrument, an das uns sein Stimmorgan erinnert – der Trompete oder Tröte?

Die schwedischen Forscher glauben auch, dass wir viele Laute automatisch der Grösse des Tieres anpassen: Kleine Tiere erhalten eher helle Vokale – etwa tschiep tschiep oder piep piep für Singvögel. Schwerfällige, grosse Tiere dagegen bekommen öfter dunkle Vokale – das Wau Wau des Hundes oder das Muh der Kuh sind nur zwei Beispiele.

Manchmal aber sprechen die Stimmen der Tiere für sich. Der Kuckuck und der Zilp-Zalp zum Beispiel heissen genau so, wie sie klingen.

 

Weitere Tierlaute in ausgewählten Sprachen:

 Tier Deutsch Englisch Japanisch  Spanisch  Schwedisch 
 Biene summ summ buzz/bzz boon boon  bzzz buzz buzz
 Katze miau meow nyan nyan miao mjan mjan
 Hahn kikeriki cock-a-doodle-doo ko-ke-kok-ko-o quiquiriquii kuckeliku
 Kuh muh moo mau mau muuu/meee mu mu
 Krähe krah krah kaak/caw kar-kar ah ah kra kra
 Hund  wau wau yap yap/woof woof kian kian/wan wan guau gua/guf guf bjäbb bjäbb/vov-vov
 Elefant törröö/trööt baraag  paoh-paoh biaaah 
 Frosch quaak croak/ribbit (USA) kero kero croac croac ko ack ack ack

Nach: Animal sounds/Derek Abbott