Sie haben es vielleicht gelesen: Norwegen erlaubt seinen Walfängern, dieses Jahr 999 Zwergwale zu fangen. Das sind 119 mehr als im Vorjahr. Doch werfen wir zuerst einmal einen Blick auf die Begrifflichkeit: Das Wort «Walfang» ist irreführend. Wale werden nicht gefangen, sondern mit Harpunen, die Sprengköpfe enthalten, abgeschossen. Von Walfängern zu sprechen ist, wie wenn wir Jäger als Rehfänger bezeichnen würden.

Tatsächlich kommt es aber auch vor, dass Wale gefangen werden. Und dies in weit grösserem Ausmass, als sie gejagt werden. In den Fischernetzen der Weltmeere verenden laut Greenpeace jedes Jahr etwa 300'000 Wale – haben sie sich einmal verheddert, ertrinken sie, da sie nicht mehr zum Luft holen an die Oberfläche schwimmen können.

Die weltweite Walfangquote liegt also bei 300'000 Walen pro Jahr, und im Gegensatz zur Waljagd verteilt sich das nicht auf einige wenige Bösewichte. Nein, auch wir Schweizer haben unseren Anteil daran.

Die Welternährungsorganisation schätzte den weltweiten Fischkonsum für das Jahr 2014 auf 144,6 Millionen Tonnen. Davon entfielen 72’822 Tonnen auf die Schweiz. Wenn wir nun den Anteil der Schweiz mit den als Beifang verendeten Walen verrechnen, kommen wir auf 151 tote Wale auf Kosten der Schweiz. Das sind zwar weniger, als Norwegen im laufenden Jahr jagen wird. Doch wenn unser ganzes Land konsequent auf Fisch verzichten würde, hätten wir zumindest die Zunahme der norwegischen Fangquote mehr als nur kompensiert.

Nun essen typische Schweizer bekanntlich nur am Freitag Fisch. An den anderen sechs Tagen kommt Fleisch auf den Tisch. Tatsächlich war der Fleischkonsum im vergangenen Jahr mit 431'760 ziemlich genau sechsmal so gross wie der Fischkonsum. Die Herden von Rindern, Schweinen, Schafen, die jedes Jahr auf unseren Tellern landen, sind also weit grösser als die Fischschwärme.

Doch zurück zu den Zwergwalen. Deren Name ist ebenso verfehlt wie das Wort «Walfang» für die Harpunenjagd. Immerhin wiegt ein solcher Meeressäuger ungefähr 10 Tonnen. Es lässt sich leicht ausrechnen, wie viele Zwergwale wir harpunieren müssten, um unseren Fleischkonsum zu decken: 43'176 Stück. Wer sich über die norwegische Walfangquote empört, sollte also zuerst die schweizerischen Schlachtquoten für Rinder, Schweine, Schafe und Hühner überdenken. Oder das Problem psychologisch entschärfen, indem er nicht von Schlachtquoten spricht, sondern von Fangquoten.