Wer hat Angst vorm bösen Wolf? Die Frage begleitet uns seit Kindheitstagen und hat bis heute nicht an Brisanz verloren. Im Gegenteil: Früher basierte die Angst auf Märchenbüchern und Legenden, heute scheint sie real zu sein. So wird in Bundesbern einmal mehr der Status des Wolfs als geschützte Tierart diskutiert. Manche fordern schon lange, dass das Raubtier zum Abschuss freigegeben werden sollte. Die Begründungen reichen von «Wölfe sind eine Gefahr für den Menschen» über «Wölfe fressen die Wälder leer» bis «Wölfe dezimieren den Bestand von Nutztierherden».

Die Ausstellung «Wolf – wieder unter uns» im Naturhistorischen Museum Freiburg (NHMF) gibt Besuchern die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen. Nicht nur auf der Grundlage von Gefühlen, sondern unter Berücksichtigung anerkannter Tatsachen. Im ersten Raum geht es los mit einem Exkurs durch die Geschichte des Wolfs. Vom Menschen als Konkurrent wahrgenommen, wurde der Wolf im 19. Jahrhundert mit allen Mitteln bekämpft. Der Wandel in Umwelt und öffentlicher Meinung der jüngeren Vergangenheit hat eine langsame Rückkehr des Wolfs ermöglicht. Ist der Wolf trotzdem noch eine bedrohte Tierart? Die Antwort finden Museumsgänger, wenn sie eine Schublade herausziehen und das darin enthaltene Dokument lesen.

Dies ist eine von zahlreichen Interaktionen, die für die Ausstellung charakteristisch sind. «Wir laden dazu ein, das Thema Wolf tastend, schnüffelnd und experimentierend zu ergründen», sagt NHMF-Direktor Peter Wandeler. Tatsächlich bietet eine originelle Szenografie jede Menge Spielraum, selbst Hand anzulegen. Etwa beim Streicheln eines echten Wolffells, das übrigens aus zwei Haartypen besteht: Das lange und glatte Grannenhaar gibt dem Fell die Farbe. Das Wollhaar, kurz und gekraust, isoliert gegen Kälte. Fühlt sich gut an.

Schmökern in Wolfsgeschichten
Und wie hört sich ein Wolf an? Die Antwort liefert ein Kopfhörer, der auf Knopfdruck das Heulen eines Wolfes zum Besten gibt. Wer diesen eindrücklichen Ruf imitieren möchte, hat die Gelegenheit, selbst in ein Mikrofon zu heulen. Besonders Kinder dürften daran Freude haben. Ebenfalls kindgerecht geht es beim Wolfslabyrinth zu. Dabei benötigt der Wolf in Form einer Kugel dringend Hilfe, um den Wald zu durchqueren, ohne in Fallen zu tappen oder vor die Flinte des Jägers zu laufen.

Wer nach so vielen Aktionen ein Päuschen gebrauchen kann, sollte auf dem bequemen Sofa Platz nehmen. Wie wäre es dazu mit etwas Lektüre? Ein Regal ist prall gefüllt mit Büchern, in denen natürlich nur ein Tier, die Hauptrolle spielen kann: der Wolf. Die Palette reicht von Fachliteratur über Comics bis zu Märchenklassikern. Im Zentrum steht jeweils die Frage, welches Bild vom Wolf die Geschichten vermitteln.

Die Ausstellung ist aber nicht nur für Kinder bestens geeignet, sondern hält auch für Erwachsene Spannendes bereit. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass der Wolf in Europa eher von Menschen dominierte Landschaften nutzt als Naturschutzgebiete? Selbst eine Bevölkerungsdichte von 3000 Einwohnern pro Quadratkilometer kann ihn nicht abschrecken. Der entscheidende Faktor ist das Vorhandensein von Nahrung. Ein Film zeigt, wo der Wolf überall zu Hause ist.Es erstaunt dennoch, dass er es schafft, in nahezu jedem Lebensraum sein Territorium anzulegen. Das Erfolgsgeheimnis liegt in seiner grossen Lern- und Anpassungsfähigkeit gepaart mit Widerstandsfähigkeit und einer Ausdauer, die grosse Distanzen überwinden lässt.

Nach so viel Spannung, Spiel und Überraschendem ist es an der Zeit, seine Meinung kundzutun. Entweder per Post-it an einer Pinnwand oder mit einem farbigen Faden, der je nach Beantwortung von Fragen, wie «Ist der Wolf ein Problem?», durch unterschiedliche Ösen gezogen wird. Am Ende entscheiden die Teilnehmer, ob der Wolf in der Schweiz Platz hat oder ob die Angst vor ihm immer noch (zu) gross ist.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 20. August 2017 im Naturhistorischen Museum Freiburg.
Mehr Informationen und Sonderveranstaltungen unter: www.fr.ch/mhn